Buchbesprechung/Rezension:

Johannes Sachslehner: Hitlers Mann im Vatikan
Bischof Alois Hudal. Ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Kirche

Hitlers Mann im Vatikan
verfasst am 17.06.2020 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Geschichte, Sachslehner, Johannes
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Es gibt da etwas, das ich nicht verstehe: wie kann jemand, der für sich in Anspruch nimmt, dem christlichen Glauben zu folgen, der dazu noch als Priester nach dem christlichen Glauben lebt, ein Rassist, Antisemit und Unterstützer des Nationalsozialismus sein?

Das Verhältnis der Katholischen Kirche insgesamt zum Nationalsozialismus wird, nachdem vor kurzem die entsprechenden Archive im Vatikan geöffnet wurden, in den kommenden Jahren noch untersucht udn aufgearbeitet werden.

Das Verhalten einzelner Protagonisten der Kirche ist aber wohl bekannt und es gab viele, die kein Problem damit hatten, Christ und Nazi (oder deren Unterstützer) zu sein. Der Österreicher Alois Hudal war einer dieser Männer, die sich ganz offen zum völkischen Gedanken bekannten und die vom reinen Blut und von der Überlegenheit der deutschen Rasse schwadronierten.

Hudal wandte sich schon früh dem Nationalismus zu. Als junger Priester war er bekannt für seine streitbaren Predigten und Stellungnahmen. Daraus entwickelte sich bald eine deutsch-nationale Gesinnung, die ihn zu einem frühen Befürworter udn Bewnderer des Aufstieges Hitler und der Nazis in Deutschland machte.

In der Beschreibung des Lebensweges zeigt Johannes Sachslehner das Porträt eines ehrgeizigigen Mannes, der genauso gut ein SA- oder SS-Führer sein hätte können. Seine Soutane war tatsächlich wohl nur die Verkleidung und Tarnung für einen der vielen ganz gewöhnlichen Faschisten jener Zeit. Was Hudal von diesen unterschied war, dass er seine Verbindungen als Bischof in Rom nutzen konnten, um Einfluß im Sinne des Nationalsozialismus zu nehmen.

Möglicherweise war ein Beweggrund Hudals für diese Unterstützung sein Versuch, den Bolschweismus, und damit den Hauptfeind des Christentums, zu bekäpfen. Nach dem Motto, dass der Feidn meines Feindes mein Freund ist, wären damit die Nazis awohl auf seiten der Kirche. Dass dies erkennbar nicht so war, schon Hudal in völliger (absichtlicher oder unabsichtlicher?) Verkennung der Lage auf einen angeblichen bolschewistischen Flügel innerhalb der Nazis – würde man diesen ausschalten, wären die Nazis die natürlichen Verbündeten der Kirche.

Ein besonders abstoßendes Beispiel, wie Hudal den christlichen Glauben pervertierte, gibt es aus der Zeit, als Italien bereits auf die Seite der Aliiierten gewechselt war und die Deutschen Rom besetzt hielten. Wie überall, begannen SS und Gestapo umgehend, die jüdische Bevölkerung der Stadt zu deportieren. Als Hudal davon erfuhr, galten seine Gedanken und Aktivitäten nicht dem Schutz der Juden, sondern er sorgte sich nur um die Deutschen und deren Ruf, wenn diese Aktion publik würde.

Diese Sorge um das Schicksal der Mörder und Verbrecher aus den Reihen der Nazis wuchs noch nach dem Ende des Krieges. Hudal wurde zu einem der wichtigstens Schleuser für Kriegsverbrecher und ermöglichte es vielen Massenmördern aus Europa zu entkommen und ein ungestörtes Leben zu führen. Auch hier wieder erfand er eine unglaubliche Rechtfertigungen, indem er behauptete, dass auch diese Menschen das Recht auf Vergebung hätten und sie in Europa keine Gerechtigkeit fahren würden!

Hudal ist ein aus österreichischer Sicht wichtiges Beispiel für fehlgeleitete Menschen und auch für die ganz und gar nicht unschuldige Rolle viel zu vieler Österreicher in der Nazizeit.

Als Priester, der sich von den christlichen Werten gelöst hat, ist er aber auch kein Einzelfall; bis heute gibt es in den Reihen der Kirchen (also nicht nur der katholischen) Hassprediger; ob es islamische Geistliche sind, evangelikale Rassisten oder fundamentalistische Priester: Reglion war und ist immer auch ein Sammelbecken für die Hudals dieser Welt.




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