Buchbesprechung/Rezension:

Walter Than: Wenn die Sonne hinter den Dächern versinkt

verfasst am 02.07.2014 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Romane, Than, Walter
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Welch symbolischer Titel für dieses Buch. Walter Than schildert die letzten Jahre des zweiten Weltkrieges in Wien in eindringlichen Form. Wenn er seinen Protagonisten Georg Manhart – einen Halbjuden – unter der ständigen Belastung auch „entsorgt“ zu werden, durch Wien gehen lässt. Wenn Georg nach der Matura seine Stelle als technischen Zeichner in einem Flugzeugwerk antritt, ohne eine Ahnung von dieser Aufgabe zu haben, dann verlässt einen beim Lesen die bedrückende Atmosphäre der damaligen Zeit kaum mehr.

Zumindest ist es mir so ergangen. Ich war nahe daran, nach einiger Zeit nicht mehr weiter zu lesen. Doch Walter Than versteht es mit seiner Sprache, mit seinen Schilderungen zu fesseln.

Eine Jugendfreundschaft mit Rainer, der so wie seine Familie keinerlei Vorurteile hat, hilft Georg über Ängste hinweg. Doch Rainer wird an die Front gerufen, nicht ohne vorher Georg zu bitten, sich um seine Verlobte Dagmar zu kümmern. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Befürchtung und Vorahnung, dass diese Bitte in eine Katastrophe führt, und dass sich zwischen Georg und Dagmar etwas anbahnt. Beide kannten sich aus ihrer Schulzeit. Und tatsächlich, verlieben sich die beiden ineinander und beginnen eine leidenschaftliche Beziehung. Walter Than versteht es, diese Situation ohne kitschigen Beigeschmack zu schildern. Das Verbot von Halbjuden Beziehungen mit Arieren einzugehen hängt wie ein Damokles Schwert über Dagmar und Georg. Die Entdeckung würde für Georg die Todesstrafe bedeuten.

Dann kommt die niederschmetternde Nachricht dass Rainer gefallen ist. Für Dagmar und Georg bricht eine Welt zusammen. Unter dem Eindruck den Freund, den Verlobten betrogen zu haben, beenden die Beiden ihre Beziehung.

Georg findet Trost bei einer anderen Frau und wird in den Freundeskreis dieser Frau aufgenommen. Walter Than gelingt es wieder wunderbar den Bogen zu spannen bis zum Aufleben der Beziehung von Dagmar und Georg.

Wien ist mittlerweile dem Bombenhagel der Alliierten ausgesetzt. Das letzte Aufgebot der Nazis besteht darin, Halbjuden zum Bau von Verteidigungslinien gegen die immer näher kommenden Russen einzuziehen.

Wie unsinnig doch dieser Krieg war, welche Macht eine Handvoll Menschen auszuüben imstande war. Welch unfassbares Leid die Menschen ertragen mussten.

Hat die Menschheit dazugelernt – nur sehr bedingt, wenn man die jüngere Geschichte betrachtet.

Walter Thans Roman beruht auf historischen Tatsachen. Seine Protagonisten sind wohl frei erfunden, fanden aber in der damaligen Zeit sicherlich Menschen mit gleichen oder ähnlichen Schicksalen.

Than erzählt sehr eindrücklich das Stück Zeitgeschichte, wie es sich hoffentlich nie wieder zutragen wird. Er gibt aber durch entstehendes neues Leben wieder Hoffnung.

Menschen, die diese Zeit nicht miterlebt haben sollten dieses Buch unbedingt lesen. Nicht nur weil es die Gräueltaten des Krieges schildert, sondern auch wie menschenverachtend die damaligen Machthaber und ihre Schergen die Seele der Menschen verwundet hat, und Millionen Menschen ihrem Größenwahn geopfert haben.




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