Buchbesprechung/Rezension:

Klaus Nüchtern (Hg.), Thomas Walach (Hg.): Unser Land
Wie wir Heimat herstellen

Unser Land Wie wir Heimat herstellen
verfasst am 24.03.2020 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Nüchtern, Klaus, Politik, Walach, Thomas
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Mit Verwunderung (vorsichtig ausgedrückt) las und lese ich immer wieder die Meldungen aus der rechtsnationalen Ecke, in denen versucht wird, sich für Österreich den Begriff Heimat anzueignen. Wer nicht gegen Fremdes, von außen Kommendes ist, würde sein Land nicht lieben; doch die Wahrheit ist doch genau anders herum: nur wer für Offenheit und Neues ist, wird für sein Land, seine Heimat das Beste erreichen (wollen).

So werfen die Protagonisten der rechtsnationalen Szene, von Kickl bis Höcke, mit ihrer eigenen Engstirnigkeit um sich und finden eine viel zu große Zahl an Mit-Schreiern. Die aggressive und andere ausschließende Umdeutung des Begriffes Heimat wird aber nicht nur bei uns versucht. Auf der ganzen Welt behaupten Demagogen, dass nur sie selbst für diese Heimat sorgen könnten und Millionen folgen ihnen. Trump, Bolosonaro, Orban und wie diese Rattenfänger alle heißen mögen, bestimmen in den letzten Jahren mehr und mehr die öffentliche Kommunikaton und haben die Faschisten und Neonazis damit ermutigt, aus den Kellern heraus zu kommen.

Die aktuelle Corona-Krise mag diese Leute vorübergehend aus den Schlagzeilen verdrängt haben; doch sie sind nicht verschwunden, sie sind noch immer da und warten auf den nächsten Anlass, mit billiger Propaganda einen Keil in unsere Gesellschaft treiben zu können; aber ist es nicht zu einfach, nur diesen Leuten alleine die Schuld daran zu geben?

Während also nun schon wieder die Fake-News, diesmal rund um Corona, blühen und schon wieder Gehör finden (lernen denn diese, die so einen Unsinn glauben, Leute nie etwas dazu?) ist es eine gute Zeit, die Wahrnehmung in Bezug auf Heimat und Mitmenschen vom ideologischen Mief zu befreien. Heimat ist weder links noch rechts sondern das, was jeder für sich als solche definiert.

Christoph Bartmann, Matthias Dusini, Lisa Eckhart, Rainer Gross, Sibylle Hamann, Sebastian Hofer, Klaus Nüchtern, Renata Schmidt-Kunz, Armin Thurnher und Thomas Walach verfassten Beiträge zu diesem Buch aus dem Falter-Verlag, mit Maja Haderlap und Alida Assmann wurden Interviews geführt. Sie verfassten Beiträge und sprechen über ein Land, in dem vielen Bürgerinnen erst vor wenigen Monaten die Augen über die wahren Charakter der Rechtsnationalen geöffnet wurden, als ein Vizekanzler und ein Klubchef die Hauptrollen in einem auf Ibiza gedrehten grottenschlechten Heimatfilm übernahmen.

Die 12 Beiträge beleuchten das Thema “Heimat” aus ganz unterschiedlichen Perspektiven: die Vereinnahmung des Begriffes durch Strache und Gesinnungsgenossen national und international; die Fehler und Versäumnisse im Umgang mit Anhängern der Rechtsnationalen; das Unvermögen verschiedener Gesellschaftsgruppen, einander verstehen zu wollen; der oftmals stümperhafte Umgang mit den Flüchtlingen, die im Jahr 2015 an den Grenzen Europas standen; das Negieren bzw. Geringschätzen der Ängste vieler Menschen und die darauf folgende Polarisation; das bedingungslose Akzeptieren von Hass- und Angstparolen (die, wie wir wissen, oft von Russland aus lanciert werden); die philosophische, historische, geografische und kulturelle Einordnung; die verschiedenen Definitionen dieses Wortes “Heimat”.

Ein kleines Buch, voller gescheiter Einsichten und Denkanstöße.

PS: In der aktuellen, durch das Coronavirus verursachten, Krisensituation sind viele Menschen sehr, sehr froh und dankbar, dass in der Regierung nun statt eben jener Rechtsnationalen nunmehr die Grünen sitzen. Denen kann man vertrauen, dass sie den Heimatbegriff nicht im ausgrenzenden Sinn definieren – und auch, dass die Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus den demokratischen Rahmen nicht verlassen (man stelle sich vor, ein Innenminister Kickl und ein Vizekanzler Strache und auch der ehemalige FPÖ-Verteidigungsminister wären noch am Ruder – da hätte ich dann sehr wohl Angst um unsere Demokratie). Nicht zu vergessen den Glücksfall, dass wir als Präsidenten Alexander Van der Bellen und nicht den Herrn “Wundern-was-geht”-Hofer gewählt haben.




Einen Kommentar hinterlassen

* erforderlich. Beachten Sie bitte die Datenschutzerklärung


Top