Buchbesprechung/Rezension:

Andreas Pittler: Wiener Kreuzweg
Wiener Triptychon (1)

Wiener Kreuzweg
verfasst am 11.01.2024 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Historische Romane, Pittler, Andreas
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Die Familiengeschichten dreier Wiener Familien von der Monarchie bis zum Anschluss – der fesselnde Auftakt einer Trilogie.

Historiker und Autor Andreas Pittler ist ein Meister des historischen Romans. „Wiener Kreuzweg“ ist der erste Band eines Triptychons, das drei Wiener Familien zunächst vom Ende der Monarchie 1918 bis zum Anschluss an Nazi-Deutschland 1938 begleitet.

Die drei Familien sind: die Unternehmerfamilie Glickstein, die kleinbürgerlichen Strechas und die Arbeiterfamilie Bielohlawek. Die drei begegnen einander im Betrieb des Barons Glickstein, der Hernalser Bierbrauerei, jeder in einer anderen Ebene.

Der Erste Weltkrieg ist verloren, das Habsburgerreich zerfallen, der junge Republik mangelt es so ziemlich an allem und die meisten Menschen hungern. Daher ist es kein Wunder, dass viele den Heilsversprechungen unterschiedlicher Gruppierungen auf den Leim gehen. Die Zwischenkriegszeit mit Ständestaat und Bürgerkrieg, das beides schnurstracks im Einmarsch Hitlers in Österreich mündet, weil man in der fast inquisitorischen Hetze gegen Die Linke, also gegen Sozialisten und Kommunisten, das Erstarken der Rechten geflissentlich übersieht bzw. sogar fördert, weil man sich nach einem starken Mann sehnt, der die Lebenssituation verbessert.

Wir werden Zeuge, wie aus einem schüchternen Unternehmersohn ein erfolgreicher Geschäftsmann wird. Wir erleben mit, wie aus dem erfolglosen Sohn der Strechas ein glühender Nazi wird und wie im Arbeitersohn der tschechischen Einwanderer Bielohlawek ein aufrechter Mensch heranwächst, der seinem Chef, dem Herrn Baron (auch wenn der Adel 1918 abgeschafft wurde) das Leben rettet.

Mit der gewaltsamen Übernahme der als jüdisches Eigentum eingestuften Brauerei, erreicht das Buch einen Höhe- und gleichzeitig Schlusspunkt.

Meine Meinung:

Dieser erste Band der Trilogie ist kein Wohlfühlroman. Meisterhaft versteht es Andreas Pittler, die Stimmung dieser Jahre einzufangen. Die Armut, die Hoffnungslosigkeit und dann den vorsichtigen Aufschwung, der dann im Jahr 1938 zwar die Wirtschaft scheinbar aufblühen, aber in vielen Menschen ihre Abgründe hervortreten lässt.

Die Charaktere sind ausgezeichnet entworfen. Sie sind Menschen, wie sie in jeder Epoche vorkommen.. Jeder darf sich entwickeln, auch wenn nichts Gutes dabei herauskommt. Geschickt ist das Wiener Flair dieser Jahre in die Handlung eingeflochten, das durch die Sprachmelodie der Protagonisten noch verdeutlicht wird. Für jene Leser, die mit dem Wiener Dialekt nicht so vertraut sind, gibt es im Anhang ein Glossar.

Sprachlich ist dieser Auftakt des Triptychons ein wahrer Genuss. Pittlers Erzählkunst erzeugt einen hohen Spannungsbogen. Für historisch Interessierte ist dieses Buch eine Fundgrube von bisher vielleicht unbekannten Personen und Details. Das eine oder andere wird vielleicht nachgeschlagen werden müssen, dann der Historiker und Autor Andreas Pittler setzt einige Kenntnisse der österreichischen Geschichte voraus..

Wie es mit den Familien weitergeht, kann im zweiten Teil „Wiener Auferstehung“ gelesen werden.

Fazit:

Ein Buch, das von der ersten bis zur letzten Seite fesselt, und das man unbedingt lesen muss. 5 Sterne.




Einen Kommentar hinterlassen

* erforderlich. Beachten Sie bitte die Datenschutzerklärung


Top