Buchbesprechung/Rezension:

Alex Beer: Die rote Frau
Ein Fall für August Emmerich - Band 2

Die rote Frau
verfasst am 19.08.2018 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Beer, Alex, Kriminalromane
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Österreich im Jahr 1920: ein Staat, an dem von allen Seiten gezerrt wird. Nationalisten und Kommunisten versuchen, die Gewalt an sich zu reißen, der Kaiser sitzt im Exil und könnte jederzeit wieder in die Hofburg zurück wollen, Teile der Republik “Deutsch-Österreich”  versuchen sich von diesem armseligen Rest der einst mächtigen Monarchie abzuspalten. Und die Unruhen und  Umsturzversuche in den Nachbarstaaten sorgen für zusätzliche Unruhe

Die Menschen leben in Armut und Ungewissheit, der Hunger ist alltägliche Gewissheit.

Ein paar wenige Menschen versuchen, sich,dieser Entwicklung entgegen zu stellen. Einer ist der Stadtrat Fürst, der den Notleidenden hilft, wo immer er es vermag, hilft. Doch nun kann ihm selbst niemand mehr helfen – er wurde ermordet. Der Täter ist anscheinend bald ausgemacht: ein armer Schlucker, ein Kriegsinvalider. Der zuständige Beamte, Revierinspektor Brühl, verschwendet keinen Gedanken an weitere Ermittlungen, für ihn ist der Fall abgeschlossen.

Inspektor August Emmerich wurde erst vor wenigen Wochen gemeinsam mit seinem Assistenten Winter in die Abteilung “Verbrechen gegen Leib und Leben” versetzt. Sein Förderer stieg jedoch kurz darauf selbst die Karriereleiter hinauf und so verbleiben Emmerich und Winter als ungewollte Kollegen in der Abteilung, allen möglichen Schikanen ausgesetzt, immer in Gefahr, ihre Jobs zu verlieren. Statt Verbrechen aufzuklären, lässt man sie Akten schlichten und Protokolle schreiben.

Ein seltsamer Fall rund um den Filmstar Rita Haidrich verschafft August Emmerich die Chance zu beweisen, was er wirklich kann. Er braucht nur ein paar Stunden um Licht ins Dunkel zu bringen und ringt seinem Chef, quasi als Belohung für diese schnelle Arbeit, einen Deal ab: er bekommt 72 Stunden Zeit, den wirklichen Mörder des Stadtrats zu finden. Denn Emmerich glaubt nicht an die Schuld des Verdächtigen.

Das Wien des Jahres 1920 entsteht, mit all seinen aus heutiger Sicht nahezu unglaublichen Details und für uns so fremden Eindrücken. Die Hauptstadt ist nicht mehr der glanzvolle Mittelpunkt eines Reiches sondern ein in weiten Bereichen verschmutzer, armseliger Abklatsch einer Metropole. Hungernde Menschen, Bettler, düstere Etablissements.

Im Gegensatz dazu die Welt der Filmindustrie und der wenigen, die ihre Position und ihren Reichtum über die Zeitenwende retten konnten.

Dieser Roman lebt, wie schon der erste Band der Reihe, von der anschaulichen, bildhaften Schilderung der Zeit. Es ist fesselnd und spannend zugleich: wie sich die Ermittlung im Mordfall entwickelt und wie man als Leser gemeinsam mit Emmerich die Stadt und die Menschen erlebt und beobachtet. “Die Rote Frau” ist gleichermaßen Kriminalroman wie Reportage über das tägliche Leben.

Das alles zusammen macht aus diesem Krimi eine derart abgerundete und glaubhaft wirkende Sache, dass die paar Kunstgriffe, die Alex Beer einsetzt, um die Handlung voran zu bringen, den Eindruck nicht trüben können: ein tolles Buch, eine tolle Serie (und sie wird weiter gehen…).




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