Buchbesprechung/Rezension:

Rüdiger Schaper: Alexander von Humboldt
Der Preuße und die neuen Welten

Alexander von Humboldt
verfasst am 12.03.2018 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Biographien, Schaper, Rüdiger
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Eine Biographie über den MENSCHEN Alexander von Humboldt; zu verstehen im Gegensatz zum ENTDECKER und WISSENSCHAFTLER Humboldt. Eine Biographie, die mehr ein Roman ist als eine Chronik.

Rüdiger Schaper hastet dabei literarisch durch Humboldts Leben, ganz so wie der Porträtierte selbst ein rastloser Geist war, immer auf der Suche nach Entdeckungen und Erkenntnissen. So viel soll in diesen biographischen Roman gepackt werden, dass es oftmals zur Inhalts-Überdosis kommt und man als Leser/in ein wenig ins Schleudern gerät.

An den inhaltlichen Informationen über Humboldts Leben ist alles da, was man für das Verstehen des Lebenslaufes von Humboldt benötigt. Das Aufwachsen, gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm, wird begleitet von ihrem Erzieher Gottlieb Kunth, einem Glückfall für die beiden Jungen, der ihre hohe Begabung zu fördern und zu aktivieren weiß.

Seine Jugend, seine frühen Erwachsenenjahre und seine Bekanntschaften mit Schiller und Goethe. Sein schneller Aufstieg in einflußreiche Positionen, immer begleitet von seinem Drang, seine Kenntnisse über die Welt zu erweitern. Sein Aufbruch in diese neuen Welten und seine späteren Jahre zurück in Europa. Sein Ruhm schon zu Lebzeiten.

Ein Buch voller Unruhe:
Nicht Humboldts Erkenntnisse sind das Thema, sondern auf welche Weise er diese erlangte und was ihn dabei antrieb. Schaper verwendet dafür sehr oft lange Zitate aus Humboldts Aufzeichnungen, lässt diesen also selbst von sich erzählen. Ergänzend fügt Schaper Zitate anderer über Humboldt ein, wodurch sich eine Aneinanderreihung vieler Originalstellen ergibt. Verbunden sind diese dann durch Schapers eigene Textstellen, die sich in Stil und Wortwahl meist anpassen. In diesen, ich möchte sie Überleitungen nennen, verwendet Schaper Wörter und Wendungen, die sich wohl Humboldts Gegenwart orientieren sollen; damit werden Sätze und Formulierungen aber bisweilen zu sprachlichen Ungetümen. Es reihen sich Zitate an Verweise auf Bücher und Personen, die Einfluss auf Humboldt hatten und solche, die von Humboldt beeinflusst wurden.

Oft ist es von allem zu viel:
Die vielen Verweise, die ausgreifende Sprache Schapers, die Sprünge von einer Person zur nächsten, das vor und zurück in der Zeitlinie. Das trübt die Freude und bremst die Spannung (im Sinne von Begeisterung für das Buch). 

Und doch ist es dann wiederum ungemein interessant zu lesen, wie ein Mensch zu Ende des 18., Beginn des 19. Jahrhunderts die Welt sah und wie er über darüber schrieb und wie er gesehen wurde. Um das zu erfahren, ist es nun nicht mehr nötig, Humboldts Schriften selbst und zur Gänze durchzuarbeiten; Rüdiger Schaper hat die passenden Stellen für die interessierten Leserinnen und Leser herausgesucht und liefert mit diesen Abschnitten ein sehr persönliches Bild eines Mannes, der großen Einfluss auf das Denken seiner Generation und bis heute hat (in vielen Einsichten und Folgerungen ist Humboldt damit nach wie vor fortschrittlicher als die Menschheit des 21. Jahrhunderts – eine sehr betrübliche Erkenntnis).

Ein Buch, dem man mit Geduld begegnen muss:
Nichts für jene, die Humboldt, den wissenschaftlichen Arbeiter und seine Arbeiten kennenlernen möchten. Interessant für die, die sich anhand vieler zeitgenössischer Quellen ein Bild von der Leidenschaft machen möchten, die Humboldt antrieb.




Einen Kommentar hinterlassen

* erforderlich. Beachten Sie bitte die Datenschutzerklärung


Top