Buchbesprechung/Rezension:

Simon Urban: Gondwana

verfasst am 11.04.2014 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Romane, Urban, Simon
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

GondwanaWie lässt es sich vermeiden, in einem Buch, in dem die großen Weltreligionen im Visier eines spitzzüngigen Autors stehen, alle möglichen Leute zu kränken und zu beleidigen? Gar nicht! Und wenn das schon so ist, dann kann man doch ruhig noch etwas dicker auftragen?!?! (Weil dann ist es sowieso schon egal)

Ich las die ersten 50,60 Seiten und dann stand genau das für mich fest: egal, was dieses Buch noch bringen mag – alle religiösen Fundis werden es hassen.  Simon Urban hat sich zu seinem neuen Roman augenscheinlich auch genau so etwas gedacht und rasiert über so ziemlich alles drüber, was nur annähernd mit Religion und dem Glauben an einen Gott zu tun hat.

Das wird, auch für einen wie mich, der mit welcher Kirchen auch immer absolut keine Berühungspunkte hat, oftmals zu viel. Und zwar immer dann, wenn Urban von Satire blitzartig in subjektive Polemik wechselt – das passiert oft  – und die mit ausufernden und weitschweifigen Tiraden verbreitet.

Zum Buch: ein Bewohner von Gondwana wird – auf recht grausliche Art und Weise – ermordet. Gonwana, das ist die Insel, auf der sich die monotheistischen Weltreligionen (Islam, Christentum und Judentum – wobei Urban Katholiken und Protestanten auch noch jeweils als eigene Weltreligion auftreten lässt) so etwas wie ihren gemeinsamen, irdischen  Olymp erbaut haben. Von hier aus möge der Glaube die Welt überziehen…

Eine kleine Welt, in der vor lauter gegenseitiger Rücksichtnahme nur wenig an Freiraum für einzelne übrig bleibt; jedenfalls falls man eine Frau ist; als Mann geht es einem natürlich besser (genau doppelt so gut, wie sich heraus stellt).

(Mit dieser Ungleichstellung ist übrigens auch schon der einzige, einigermaßen kritische Blick auf Zustände in unserer wirklichen Welt abgearbeitet. Sie ist zugleich auch eines der immer wiederkehrenden Elemente der Handlung. Viele weitere Klischees, denen im Buch viel Platz gegeben ist, könnten auch an einem Wirtshaus-Stammtisch entstanden sein: mit sichtlicher Begeisterung politisch unkorrekt in Sprache und Inhalt.)

Dorthin reist der Inspektor mit dem Namen Platon Ahorn. Sein Auftrag: den Mord aufzuklären. Im Gepäck hat er auch noch ein paar Hinweise auf eine feministische Terrororganisation, die sich im Untergrund Gondwanas gebildet haben soll.

Platon Ahorn darf sich auf der Inseln ungehemmt über die Religionen, die Zustände auf der Insel und alles mögliche auslassen – “Provokation geht vor Kooperation” steht ganz groß auf seiner Stirne. Schwach zu erkennen ist manchmal der Versuch, dies alles satirisch wirken zu lassen, es bleibt aber immer beim Versuch, der nie von Erfolg gekrönt ist. Platon Ahorn kommt über den Versuch, ein cooler Ermittler zu sein, nicht hinaus.

Simon Urban ergeht sich ausschweifend in seinen sehr subjektiven Bewertungen. Mit dem Holzhammer auf alles draufzuhauen, was einem missfällt ist sicherlich eine mögliche Methode, sich an den weit verbreiteten Ungerechtigkeiten und Mißständen unserer Zeit zu reiben. Urban jedoch reibt sich daran, bis es weh tut und noch weit darüber hinaus.

Wie es oft passiert, so passiert es hier dann leider auch: zu viel vom immer wieder (nur leicht abgewandelten) Gleichen wird irgendwann langweilig und man wird der Sache überdrüssig.  Irgendwann hatte ich genug über Frauenfeindlichkeit, Geschmacklosigkeiten und verlogene Konventionen gelesen und wartete auf Neues. Ein wenig Witz, ein Schuß Ironie, hie und da ein Augenzwinkern; oder wenigstens eine neue Unkorrektheit. Das hätte mir gefallen.

Weil alles das aber fehlt und weil die Aufklärung des Verbrechens auch keine Spannung bringt, bin ich enttäuscht. Nach dem, aus meiner Sicht großartigen,  Erstling “Plan D” hätte ich mir mehr erwartet – schade!

Am Ende kam mit der Gedanke, dass das ganze Thema in einer Graphic Novel weitaus besser aufgehoben wäre. Denn Ralph Nieses eingeschobene Comics, die immer wieder Teile der  Handlung erzählen, passen bestens zur Geschichte und zum Schreibstil.

Deshalb meine sehr geteilte Bewertung:
Der Roman – 2,5 von 5
Die Comics – 4 von 5




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