Buchbesprechung/Rezension:

Anthony Bale: Reisen im Mittelalter
Unterwegs mit Pilgern, Rittern, Abenteurern

Reisen im Mittelalter
verfasst am 15.04.2024 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Bale, Anthony, Geschichte
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Ausgangsbasis für dieses Buch sind Reiseberichte, die in den frühen Jahren des vorigen Jahrtausends niedergeschrieben wurden – und doch sind noch viele darin erwähnte Plätze bis heute wenig oder gar nicht verändert. Reisende von damals können deshalb einige der zentralen Orte in den Städten durchaus auch heute noch wiedererkennen, umgekehrt findet man einige der Sehenswürdigkeiten von heute auch schon Mittelalter.

Womit auch schon der Inhalt dieses Buches beschrieben ist: zum einen erfährt man, wie das Reisen damals vonstattenging, zum anderen, wie sich Reisende fühlten, wenn sie an unbekannte Orte gelangten, Städte und Länder besuchten, von denen sie zuvor nur gehört hatten.

Rom, das nur noch ein Schatten der einstigen Millionenstadt ist, die es als Zentrum des Weltreiches war. Jetzt nur mehr eine Kleinstadt, in der ein paar zehntausend Menschen leben. Venedig, das Tor zum östlichen Mittelmeer und das Zentrum der führenden Macht in jener Region. Von hier aus reisen die meisten Pilger und Reisenden in den Nahen und Fernen Osten, nicht ohne zuvor viel Geld in der Lagunenstadt losgeworden zu sein. Konstantinopel, zwar noch eine der größten Städte Europas, aber auch nur mehr ein Abglanz der Metropole, die es früher als Byzanz war.

Es sind die überlieferten Aufzeichnungen von Reisenden, Eroberern, Pilgern, Diplomaten, die Anthony Bale zu einem sehr detailreichen Bild des Mittelalters zusammengesetzt hat.

Ein klein wenig blickt man direkt hinein in das Zeitgeschehen und bekommt ein Gefühl für das Leben mit seinen vielen, für uns so fremdartig wirkenden Verhältnissen.

Zwischen dem 11 und dem 15. Jahrhundert mag zwar von uns alles als Mittelalter bezeichnet werden, doch es war ganz sicher keine erstarrte Zeit. Man muss sich nur vergegenwärtigen, dass man, legt man einen ähnlich langen Zeitraum an, von unserer Gegenwart aus gesehen um Jahr 1624, also mitten in 30-jährigen Religionskrieg landen würde, in einem Europa, das in allen seinen Lebensumständen unendlich weit entfernt erscheint.

So ist für Reisende im 15. Jahrhundert alles, was aus dem 11. Jahrhundert stammt, uralte Vergangenheit, Geschichte eben.

Anthony Bale stellte für dieses Buch eine quasi fiktive Reise zusammen, die sich aus den Berichten und Erinnerungen von Frauen und Männern zusammensetzt, die in unterschiedlichen Jahrhunderten und aus ganz und dar unterschiedlichen Gründen ähnliche Strecken bewältigten. Anhand der vielen Berichte, die Bale geschickt miteinander zu einer beinahe durchgehenden Geschichte verbindet, wird man, wenn man möchte, selbst zum Reisenden. Besucht mit unterschiedlichen Reisebegleitern die Straßen, die Sehenswürdigkeiten, die Märkte, die Kirchen und Klöster.

Die Reise führt von der Mitte Europas in den Süden des Kontinents, dann nach Osten ins Heilige Land und weiter, auf den Spuren Marco Polos bis nach China. Neben den Eindrucken, die man damals in den fremden Ländern gewann, liest man auch über das Selbstverständnis der Europäer und das Verhältnis zu anderen Völkern und Religionen.

Dass die Berichte damals auch einiges an Fabeln, Gerüchten und Übertreibungen beinhalteten, erklärt sich mit dem Staunen der Reisenden über die Gefahren und die Eindrücke in der Fremde.

Ein Buch, das vieles aus dem Mittelalter zusammenfasst und zu einem Ganzen verbindet: die Art des Reisens, die Lebensweise in den Heimatländern und in den besuchten Ländern, Sightseeing in den Städten und wie das alles auf die Reisenden wirkte.

Ein überaus interessantes Thema, voller wertvoller Einblicke in das Leben im späten Mittelalter.




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