Buchbesprechung/Rezension:

Alexandra Bleyer: 1848

1848
verfasst am 08.02.2024 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Bleyer, Alexandra, Geschichte
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Frühes Ende, lange Wirkung: Alexandra Bleyer beleuchtet die Revolution(en) von 1848/49

Historikerin und Autorin Alexandra Bleyer nimmt sich in ihrem neuesten Buch eines Jahres an, das Geschichte geschrieben hat: 1848 – Erfolgsgeschichte einer gescheiterten Revolution.

Kann oder darf das Scheitern einer Revolution als Erfolg bezeichnet und verkauft werden? Ist Scheitern nicht immer ein Misserfolg?

Diesem scheinbaren Widerspruch geht Alexandra Bleyer in elf Kapiteln akribisch nach.

  • Revolution! Revolution?
  • Vor dem Sturm
  • Europa in der Krise
  • Vulkanausbrüche
  • Pariser Funkenflug
  • Herrschaftszeiten
  • Die Stunde der Parlamentarier
  • Mit vereinten Kräften
  • Triumph und Niederlage
  • Revolutionsschauplatz Medien
  • Was vom Aufstand übrig blieb

Ausgehend von revolutionären Agitationen aus Frankreich im Jahr 1930 greifen die Rufe nach Grundrechten, Demokratie und damit einhergehend, die Abschaffung der absolutistischen Monarchien in ganz Europa um sich. Nun, vielleicht nicht ganz Europa, Großbritannien ist ausgenommen, da es hier schon eine konstitutionelle Monarchie gibt, was bedeutet, dass der Monarch nicht wirklich etwas zu sagen hat. Und Deutschland? Klein- und Kleinststaaten sowie ein Königreich Preußen, das sich zu Höherem berufen fühlt.

Neben einer chronologischen Abfolge der Ereignisse, in der – wie die Autorin einräumt, durchaus „auch der Mut zur Lücke“ enthalten ist, legt die Historikerin auch Wert auf die Sicht der direkt (Frauenrechtlerin Louise Otto-Peters) oder in direkt (Lola Montez als Revolutionsflüchtling) beteiligten Frauen.

Minutiös listet Alexandra auf, welche der ungelösten, wie Antisemitismus bzw. neu aufflammenden Konflikte (Nationalismus) zwar mit einigen Umwegen, aber dann doch in den Ersten Weltkrieg führten. Denn, um der eigenen Freiheit willen, die Freiheit anderer brutal zu unterdrücken, ist Konfliktstoff für die nächsten Generationen.

Gelungen ist den Revolutionären in der sogenannten „Paulskirchenverfassung“, dass den Männern über 25 Jahren das aktive und passive Wahlrecht zugestanden wurde. Und, fragt sich die geneigte Leserin, was ist mit uns Frauen? Sollten wir nicht ebenso ihre Stimme abgeben dürfen? Die Antwort muss, so glaube ich, nicht extra erwähnt werden: Frauen und Wahlrecht? Nein, danke – hier waren sich alle Männer einig.

Ein weiteres Ergebnis dieses Grundrechtskataloges ist die Befreiung der Bauern, die Versammlungsfreiheit (sie wird bei Bedarf wieder eingeschränkt oder ganz zurückgenommen) und eine scheinbare Gleichstellung der Juden.

Für echte Demokratie, wie wir sie heute verstehen, war niemand zu haben – weder die Revolutionäre noch (natürlich) die aktuellen Monarchen. Die einzelnen revolutionären Gruppen waren viel zu unterschiedlich und auch in sich zerstritten. So gesehen muss man die Revolutionäre von 1848/49 als gescheitert betrachten, denn es gelingt ihnen der Aufbau einer ausreichend starken internationalen Solidarität, die den konterrevolutionären Kräften ausreichend Paroli bieten hätte können, nicht.

Aber die Saat wurde gelegt, bis der Keim ausgetrieben hat, wird es noch Jahrzehnte dauern.

Fazit:

Eine fesselnd geschriebene Darstellung der Ereignisse von 1848/49, die durch aktuelle Gefährdungen der Demokratien, sowohl in Europa als auch in den USA, zunehmend an Aktualität gewinnen. Erfolg und Scheitern liegen manchmal sehr eng beieinander. Gerne gebe ich diesem fundierten Sachbuch, das auch den Anteil der Frauen an den Revolutionen beleuchtet, 5 Sterne und eine Leseempfehlung.




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