Buchbesprechung/Rezension:

Franz Werfel: Der Tod des Kleinbürgers

Der Tod des Kleinbürgers
verfasst am 03.03.2018 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Erzählungen, Werfel, Franz
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Wien im Jahr 1925. Es ist erst wenige Jahre her, da war Karl Fiala ein respektabler Beamter in der Finanzlandesdirektion seiner Majestät. Geachten, streng, unbestechlich – eine Respektsperson. Sein Stolz ist die Fotografie, die ihn inmitten der hohen Beamten des Amtes zeigt, er, Karl Fiala, in der Uniform des Portiers unter den wichtigen Herren.

Der Krieg und das Ende des Kaiserreiches änderte alles für Fiala. Schritt für Schritt musste der sein Hab und Gut verkaufen um sich, seine Frau Maria und seinen kranken Sohn über die Runden zu bringen. Die Wohnung musste kleiner werden und am Ende zog auch noch Maries streitsüchtige und unleidliche Schwester Klara in die kleine Wohnung ein, um die Kosten zu sparen.

Tagsüber arbeitet Fiala als Magazineur für geringen Lohn, abends sitzt er daheim im Dunklen um Geld zu sparen.

Und Fiala wird krank.  Seine Sorge gilt nun seiner Frau und seinem Sohn, denn wie sollten sie ohne sein Einkommen überleben? Rettung naht in Person des Herrn Schlesinger, Nachbar der Fialas. Schlesinger ist Versicherungsvertreter und richtet für Fiala eine Lebensversicherung ein, die seiner kleinen Familie die Not nach seinem Tod ersparen soll. Solange Fiala nur das 65. Lebenjahr vollendet, wird ein großer Geldbetrag ausgeschüttet.

Im November verschlechtert sich Fialas Gesundheitszustand, jeden Tag rechnen die Ärzte im Allgemeinen Krankenhaus mit seinem Ableben. Doch Fiala weigert sich zu sterben, er muss den 5. Jänner erleben, muss den 65. Geburtstag überstehen. Mit aller Macht stemmt er sich gegen das Unvermeidliche, wird in seinen Gedanken wieder zu der Respektsperson, die er war und entgegen aller Prognosen der Ärzte hält er durch. Um 2 Tage nach seinem Geburtstag zu sterben.

In dieser kurzen (nur 50 Seiten langen) Novelle steckt enorm viel von der Realität des Lebens im Österreichd er 1920er-Jahre. Im kleinen Deutsch-Österreich (wie man es damals nannte), dem Rest der einst mächtigen Monarchie ist das Leben entbehrungsreich geworden. Die alte Ordnung ist verschwunden und noch nicht durch eine neue ersetzt worden. 

Am Vorabend des Schwarzen Freitag nagt die gewaltige Inflation an den Reserven der Menschen, die Armut ist täglicher Begleiter. Glücklich ist, wer Arbeit hat und sei sie auch noch so gering bezahlt. Ein Szenario des Unterganges, in dem sich ein unscheinbarer Mann gegen alle Chancen stellt und einen kleinen Sieg erreicht.




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