Buchbesprechung/Rezension:

Sinclair Lewis: Das ist bei uns nicht möglich

Das ist bei uns nicht möglich
verfasst am 27.11.2017 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Lewis, Sinclair, Romane
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Die Einwanderer sind die Quelle allen Übels. Ein narzistischer Sprücheklopfer im Weißen Haus. Steuern hinunter und Militärausgaben hinauf. Die Überlegenheit der Weißen. So weit, so 2017 – mit diesen und weiteren uns wohl bekannten Szenarien der Rückwärtsgewandheit  ist Sinclair Lewis’ Roman ist stellenweise unheimlich in seiner Aktualität und Präsenz.

Nun, es war wohl keine Glaskugel, aus der der Nobelpreisträger des Jahres 1930 diese Themen lesen konnte. Es war wohl mehr diese grundlegende Erkenntnis, dass die Demokratie gerade gegenüber denen sehr wehrlos ist, die sie aushöhlen und pervertieren wollen. Die unter dem Schutz der Redefreiheit die Redefreiheit einschränken wollen. Die möglichen Szenarien, die man als Folge dieser Erkenntnis erdenken kann, umfassen dann logischerweise auch die Populisten, die sich die Angst der Wähler zu Nutze machen.

Das alles ist angesichts der politischen Lage im Jahr 1936, in dem skrupellose Diktatoren in Deutschland, Italien und der Sowjetunion der Welt ihren Stempel aufdrückten, leicht vorstellbar. Denn in der Mitte der 1930-Jahre fällt ein Land der Erde nach dem anderen in die Hände von Diktatoren der einen oder anderen Ausrichtung.

Buzz Windrip, Senator im US-Kongress, stellt sich zur Präsidentenwahl 1936. Sein Gegner in der demokratischen Partei ist der amtierende Präsident Franklin D. Roosevelt, den er mit populistischen Versprechen aus dem Rennen wirft. Windrip tritt mit einem Programm an, das so ziemlich alles aus dem Arsenal der Faschisten und der Kommunisten in sich vereinigt. Großartige Versprechungen, die von einer großen Anzahl der Wählerinnen und Wähler ungeprüft geglaubt werden. Windrup wird gewählt.

In wenigen Wochen wird das Land gleichgeschaltet. Wieder bedient sich Lewis all jeder Informationen, die man zu jener Zeit aus Deutschland und der Sowjetunion schon kannte und lässt das meiste davon nun in den USA stattfinden. Gleichschaltung des Parlamentes, Ende der Pressefreiheit, eine eigene Schutztruppe, Konzentrationslager, Exekutionen.

Für die Verfolgten sind Kanada und Mexiko oft die letzte Chance, ihr Leben zu retten. So weit sind die USA heute zwar noch nicht, aber Kanada verzeichnet seit Trumps Wahl eine steigende Zahl an Immigranten aus dem Nachbarland.

Man sieht: so schwer war es für Sinclair Lewis nicht, das Ende der Demokratie zu beschreiben, denn er fand alles auf der Welt vor, was er dazu brauchte.

Angesichts dessen, was wir in den letzten Jahren erleben mussten, ist “It Can’t Happen Here”, der Originaltitel des Buches, die eigentliche Vision. Denn wir leben ja nicht nur mit Trump, einem egomanischen Präsidenten der ein Freund der Lüge ist. Wir erlebten und erleben seit mehreren  Jahren in Europa, was es bedeutet, wenn rechtsgerichtete Populisten in die Parlamente oder in die Regierung gewählt werden. Sie alle gehen in rasantem Tempo daran, die Demokratie einzuschränken, Schritt für Schritt abzubauen. Ungarn und Polen sind aktuelle Fälle in der EU; die Republikaner in den USA haben übrigens in den letzten Jahren immer wieder versucht, durch Änderungen im Wahlrecht Wahlergebnisse zu beeinflussen.

Und in Österreich sitzen seit der letzten Wahl deutschtümelnde Burschenschafter im Parlament als Abgeordnete einer Partei, deren führende Repräsentanten ihr Vorbild in Wladmir Putin und ihre Freunde in Rechtsextremen wie Le Pen und Jan Wilders haben.

Und das Unglaubliche dabei ist: diese Kräfte wurden tatsächlich gewählt, in freien Wahlen haben sie Stimmen von Wählerinnen und Wählern erhalten, die alles glauben, was ihnen vorgelogen wird. Hoffnung machen im Gegensatz dazu Länder wie Frankreich oder Kanada, in denen die Demokratie ihre Stärke bislang erhalten konnte.

Dass die Amerikaner damals, in den Nachwehen der Wirtschaftkrise, Franklin D. Roosevelt und seinen “New Deal”  ins Weißen Haus wählten, zeigt, dass es auch in schweren Zeiten möglich ist, die Demokratie zu wählen. Ich wage zu bezweifeln, dass ihm gleiches unter heutigen Bedingungen auch so einfach gelungen wäre, in der Ära der “Sozialen Medien” in denen ungehemmt und unwidersprochen Unsoziales und Verlogenes verbreitet werden kann.  




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