Buchbesprechung/Rezension:

Arthur Brehmer: Die Welt in 100 Jahren

verfasst am 21.12.2010 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Brehmer Arthur, Science Fiction
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Ein Blick in die Zukunft der Vergangenheit. Ein Nachdruck der Orginalausgabe aus dem Jahr 1910, Orginalsatz und Illustration inklusive.

Obwohl uns ihre Namen heute kaum mehr etwas sagen, abgesehen von Berta von Suttner, waren es 23 damals prominente AutorInnen, die der Verleger Arthur Brehmer 1910 aufforderte, über die Welt in 100 Jahren zu spekulieren. Also über die Welt des Jahres 2010.

Das Jahrhundert, das zwischen der Erstveröffentlichung und der Neuauflage liegt, hat vieles verändert. Nicht nur was den Schreibstil, die Druckschrift und den geistigen Horizont der Menschen betrifft, sondern vor allem, was die soziale, innenpolitische, weltpolitische  und wissenschaftliche Lage betrifft. Dieses Buch legt detailliert Zeugnis über diese Veränderungen ab.

Es  ist nicht nur eine Sammlung von Utopien sondern vor allem ein Abbild der damaligen Zeit. Die Technik-Gläubigkeit entstand aus der rasanten Entwicklung der Wissenschaften und des Ingenieurwesens. Bislang unbekannte Strahlungen wurden entdeckt, die Lüfte wurden erobert, die Gesellschaft war im Umbruch, Staaten und Nationen drängte auf neue Positionen in der Weltgeschichte

Ausgehend von diesen ersten Schritten in ein neues Zeitalter entwickelten die AutorInnen Szenarien, die aus heutiger Sicht oft skurril, teilweise grotesk, manchmal abstoßen wirken.

So ist das Jahr 2010 das Jahr, in dem sich die Menschen entgültig in die Lüfte erhoben haben. Überall fahren Luftschiffe durch den Himmel, der Krieg, der Sport, das Leben sind dem Erdboden entrückt. 2010 ist auch das Jahr, in dem wir keine Sorgen mit der Energieversorgung haben, Strom wird überall dorthin übertragen, wo man ihr benötigt, drahtlos natürlich. Nun ja, eine Utopie eben

Skurril ist die Vorstellung wie sich die Menschheit in 100 Jahren weiter entwickeln würde. Die Körper werden schwächer, der Geist wird stärker. Oder, um damit sind wir beim abstoßenden Teil, die weiße Rasse hat sich endgültig als die überlegene heraus gestellt – so sehen es zumindest die Rassisten unter den Autoren – und beherrscht in ihren Kolonien die Minderwertigen.

Einiges hat sich nicht bewahrheitet, sondern stellte sich in den folgenden Jahren als fundamentaler Irrtum heraus  (so wurde Radium erfreulicherweise nicht zum Allheilmittel der Menschheit), anderes wurde treffsicher voraus gesagt: die Waffen, die auf Knopfdruck weltweite Zerstörung bringen, wie Berta von Suttner schreibt, aber auch das Mobiltelefon, das im Beitrag “Das drahtlose Jahrhundert” von Robert Stoß als eine der Errungenschaften unserer Zeit beschrieben wird. Einiges, wie der Wahn von der Überlegenheit der Rassen, führte schon bald zu weltumspannenden Katastrophen und ist auch heute noch nicht überwunden.

Science Fiction darf man sich nicht erwarten, dafür aber ein Stück Zeitgeschichte aus dem Jahr 1910, verkleidet in Geschichten aus der damaligen Zukunft, die aber in Wahrheit Geschichten aus der damaligen Gegenwart sind.




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