Buchbesprechung/Rezension:

Heinrich Steinfest: Gemälde eines Mordes
Frau Wolf und Cheng ermitteln

Gemälde eines Mordes
verfasst am 05.09.2023 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Kriminalromane, Steinfest, Heinrich
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Cheng ist nunmehr der Sekretär von Frau Wolf, seiner früheren Sekretärin. Was auch besser so ist, denn zu seiner Einarmigkeit kam noch ein nachlassendes Gedächtnis hinzu, das wiederum einem kleinen ungebetenen und schnell wachsenden „Gast“ in seinem Kopf zu verdanken ist.

Was aber blieb, das ist Chengs Instinkt. Wenn also Frau Wolf, die sich selbst als überaus begabte Detektivin entpuppt, die Organisation übernimmt, dann ist alles in bester Ordnung; die beiden zusammen sind ein eingespieltes Team.

Als solches übernehmen Sie den Auftrag, den in Australien verschwundenen Zoologen Oliver Roschek ausfindig zu machen, und zwar im Auftrag von dessen Ehefrau.

Aber nach Australien muss man doch fliegen – und das bei Chengs Flugängsten! Es hilft nichts, aber immerhin spielt Geld in diesem Fall keine Rolle, was sich nicht nur im großzügigen Honorar, sondern auch in Tickets in der Business-Class zeigt, die Frau Wolf und Cheng erhalten. Wobei viel Geld auch das Hauptargument ist, warum die beiden den Fall überhaupt übernehmen.

Ansatzpunkt für die Nachforschung ist ein Wombat namens “Toby”. Über den hatte Oliver Roschek ein paar Jahre zuvor ein Buch geschrieben und plante jetzt, seinen alten Freund zu suchen. Der Ort, an dem sich Toby aufhalten sollte, ist schnell gefunden, doch vom Zoologen keine Spur. Dafür treffen die beiden Detektive auf vier Urlauber aus Deutschland, die sich just an diesem Ort ein Ferienhaus gemietet hatten. Segeln, Tauchen, Wandern, Mountainbikes, was man sich eben so Lottomillionäre gönnt. Als Cheng aber in der Bibliothek des Ferienhauses das Buch des Zoologen findet, darin einige unerklärliche Zeichnungen und Notizen und als Frau Wolf einer vagen Eingabe folgend ein Bild der Touristen an ihren Kontakt beim BND sendet, ändert sich die Lage.

Das sind nämlich keine einfachen Touristen, Wolf und Cheng hatten das richtige Gefühl. Einer der vier ein international gesuchter Auftragskiller, Söldner, Terrorist … den man unter dem Name “Fälscher” kennt … man kann es sich aussuchen, aber ein böser Mensch ist es auf jeden Fall; die drei anderen sind zwar nicht bekannt, aber es ist wohl nicht falsch anzunehmen, dass die auch einer ähnlichen Profession nachgehen. Was solche Leute gut können, das ist eine List erkennen, wenn sie ihnen vorgespielt wird. Die Charade, die Frau Wolf und Cheng aufführen, wird schon bald durchschaut und … nun ja, man soll es selbst nachlesen, aber jedenfalls fehlt viel nicht und der Roman verliert schön früh in der Handlung seine Hauptdarsteller.

Heinrich Steinfest schreibt zwei Romane in einem: einerseits den Kriminalfall, der recht spannend voranschreitet und auch zu kaum erwartbaren Resultaten führt. Immer wieder bringt Steinfest auch Seitenblicke auf aktuelles Zeitgeschehen ein und beweist dabei mit knappen Worten seinen scharfen Blick auf das, was gegenwärtig in unserer Welt an Seltsamem geschieht.

Andererseits ist es ein Buch voller Wort- Satz- und Situationsspielerein, die von großer Freude des Autors beim Schreiben zeugen. Ich kann mir (vielleicht stimmt das ja sogar) richtiggehend vorstellen, wie Steinfest an seinem Schreibtisch sitzt und wie ihm immer wieder witzige Gedanken und Formulierungen durch den Kopf gehen, die auch gleich in die Story einfließen müssen.

Er sprach dieses australische Englisch, das etwas von einem glücklichen Schiffbruch an sich hatte, ein Schiffbruch, den die Sprache immerhin überlebt hatte, im Unterschied zum amerikanischen Englisch, bei dem die Sprache auf den Grund des Meeres gesunken war.

Damit wird aber der Roman nicht zu einer Komödie, obwohl einige Absätze in einer solchen bestens aufgehoben wären. Ich habe zwar schon viele Steinfest-Romane, aber noch keinen einzigen Cheng-Roman gelesen. Deshalb habe ich auch keinen Vergleich, doch durch den ganzen Roman schwingt leise Wehmut mit. Es liest sich und fühlt sich an wie ein langsamer Abschied von einem Romanhelden, Cheng, der es im Lauf von rund 24 Jahren (der erste von bisher sieben Cheng-Roman erschien im Jahr 1999) zu einiger Prominenz bei der interessierten Leserschaft gebracht hat.




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