Stefan Slupetzky: Lemmings Blues
Autorin/Autor: Slupetzky, Stefan
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
Zu Beginn, so viel Zeit muss sein, lässt Stefan Slupetzky seinen Lemming über die vergangenen Jahre räsonieren; es gab ja auch wirklich viel, was einem dazu in Erinnerung bleibt: Lockdowns und Masken, “Spezialoperation” und selbsternannte Obergscheitln. Kennen wir alles und ja, es war viel los, beinahe zu viel für so eine kurze Zeit.
Die Gegenwart ist für Leopold Wallisch, den Lemming auch nicht wirklich erbaulich. So sitzt er gerade alleine in seinem Detektivbüro (alle habe sich in irgendeinen Winkel des Kontinents verzogen) als ihm ein Wesen vor die Nase gesetzt wird, auf das er, bitteschön, achtgeben soll. Wer? Was? Wozu? Wer ist das, worum geht es und worauf soll er achten? Herkules – so heißt das Wesen, was für einen so kleinen Mops ein schon sehr übertriebener Name ist – Herkules (sag “Kuli” zu mir) also sitzt dem Lemming gegenüber und die beiden wissen aufs Erste nichts miteinander anzufangen.
Wenn es auch eine völlig erfundene Geschichte ist, die nun folgt, kommt es einem doch so vor, als wäre es in der Zeit, in der wir leben, nicht unmöglich, dass genau so etwas tatsächlich passiert. Es ist die Story von Leuten, die sich von Lügengeschichten derart vereinnahmen lassen, dass sie am Ende nur noch den Lügen glauben und alle Fakten ignorieren; und, weil diese Fakten in ihren Augen ja doch nur ein Produkt von Lügenpresse und irgendwelche Ostküsteneliten sein können, überhaupt nicht mehr zuhören.
Der Lemming gerät deshalb ins Fadenkreuz eines solchen Vereines, weil die Leute glauben, dass Herkules einen Chip eingepflanzt hat, in dem die Beweise dafür zu finden sind, wie alle manipuliert werden. In diesem Fall vom Rotlicht der Verkehrsampeln. (Also immer, wenn wir halten müssen, wird uns irgendwas ins Hirn transferiert; oder so). Wer nicht mehr zuhören kann oder will, gerät auch leicht auf die Terroristen-Laufbahn und so wundert es nicht, dass der Lemming bald herausfindet, dass von den Leuten, die hinter ihm und Herkules her sind, ein Anschlag in Wien geplant ist.
Stefan Slupetzky lässt zwar auch kein gutes Haar an den Vorgängen der letzten Jahre insgesamt, doch worum es ihm in diesem rasanten Krimi vor allem geht, das ist den Wahnwitz und die Verbohrtheit der Verschwörungs-Gläubigen aufzuzeigen. Also derjenigen, die allen anderen zuschreien, dass sie aufwachen sollen, selbst aber weder kritisch hinterfragen noch die Realität vor der eigenen Nasenspitze sehen. Dazu, das darf nicht fehlen und gehört überall dazu, wo sich solche gehirngewaschenen Leute versammeln, gibt es natürlich auch jemanden, der erst die Lügen und Verdrehungen in die Welt gesetzt hat. Worum es diesen Leuten geht, weiß man ja leider nicht, aber es wird wohl irgendetwas zwischen Geltungssucht und Gier nach Macht und/oder Geld sein.
Das also ist der Hintergrund der Geschichte, die Slupetzky in Hochgeschwindigkeit ablaufen lässt. Großartig geschrieben, mit so vielen treffenden Seitenhieben auf unsere Gegenwart, dass die Zitate aus dem Buch dazu selbst wieder ein ganzes Buch ergeben würden.
So kommt der Lemming also auf den Hund …