Buchbesprechung/Rezension:

Mona Horncastle, Alfred Weidinger: Gustav Klimt
Die Biografie

Gustav Klimt
verfasst am 28.01.2024 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Biographien, Horncastle, Mona, Weidinger, Alfred
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Die Schlagzeile vom 24. Jänner 2024 in der Kunstszene und der Presse lautet: „Verschollenes Klimt-Bild aufgetaucht“. Das bislang verschwunden bzw. verloren geglaubte Gemälde „Bildnis Fräulein Lieser“ von Gustav Klimt ist überraschend wieder aufgetaucht. Diese Nachricht und die Ausstellung von „Adele Bloch Bauer II“, einem Spätwerk von Gustav Klimt, das anlässlich seiner Restaurierung für einige Wochen von ihren Eigentümern als Leihgabe dem Belvedere zur Verfügung gestellt worden ist, sind Grund genug, Gustav Klimts Biografie von Mona Horncastle & Alfred Weidinger zur Hand zu nehmen. Die Ausstellung ist von 23. November 2023 bis 11. Februar 2024 im Oberen Belvedere in Wien zu sehen.

Zwei Anlässe, sich wieder einmal mit Gustav Klimt, der zu Lebzeiten polarisiert hat, dann lange in Vergessenheit geraten ist und erst ab 1985 wieder in das Rampenlicht der Öffentlichkeit geraten ist. Die unrühmliche Geschichte (und die Rolle Österreichs darin) um die Restitution einiger seiner Bilder an die Nachfahren seiner damaligen jüdischen Auftraggeber hat ein weltweites Interesse an Gustav Klimt und seinen Bildern hervorgerufen.

Wer war er nun? Das „Enfant Terrible“ der Wiener Kunstszene? Der Mann, der jene goldenen Bilder malte, die heute nahezu auf jedem Wien-Kalender zu sehen sind?

In zwanzig Kapiteln bringt uns das Autorenduo Mona Horncastle und Alfred Weidinger Leben und Werk des Künstlers näher.

Gustav wird am 14. Juli 1862 als ältester Sohn des aus Böhmen zugewanderten Goldgraveur Ernst Klimt und seiner Frau Ann Rosalia geboren. Die Familie lebt mit den Kindern, Gustav, Ernst jr., Georg und den Schwestern in eher ärmlichen Verhältnissen. Geld ist knapp und wird im Leben Gustavs immer eine Rolle spielen: Es ist für ihn zum Ausgeben da. Später wird er große Summen verdienen und doch wird bei seinem Tod kaum Geld vorhanden sein. Er unterstützt beinahe jeden, der ihn um Geld bittet und wird entsprechend auch ausgenützt. Dennoch sieht er darüber hinweg und meint:

„… Und lieber geb ich einmal einem Lumpen etwas, als dass ich am End einem wirklich Armen nix geben tät.“
(S.75)

Gustav Klimt wird in diesem Buch nicht über seiner Rolle als „Womanizer“ definiert wie in anderen Biografien, obwohl er eine charismatische Ausstrahlung auf Frauen hat. Ja, er hat Verhältnisse mit einigen seiner Modelle, von denen einige noch minderjährig sind. Doch vieles davon ist ungesichert, manches erfunden.

Klimts Leben und Werk ist untrennbar mit dem jüdischen Großbürgertum in Wien des Fin de Siècle verbunden. Das spiegelt sich darin, dass er kaum Aufträge anderer Kunden erhält. Der Skandal der Bilder für die Medizinische Fakultät zeigt einen sturen, geradlinigen Menschen. Klimt gibt Auftrag und Honorar an die Auftraggeber zurück, gleichwohl er sich damit verschuldet. Klimt nimmt danach keinen öffentlichen Auftrag mehr an – mit allen Konsequenzen.

Dieser geradlinigen Persönlichkeitsstruktur gehen die beiden Autoren nach und fördern bislang unbeachtetes Archivmaterial, Tagebücher und Zeitzeugenberichte zutage.

Klimt beschäftigt sich nicht nur mit den Frauenporträts seiner finanzkräftigen Auftraggeber, sondern studiert die japanische Kunst, die ihn nachhaltig beeinflusst.

Großer Raum wird auch dem Raub der Kunstwerke durch die Nazis eingeräumt (siehe Kapitel XX „Zur Rezeptionsgeschichte“). Interessant, dass Klimts Bilder als „geringwertig“, gerade nicht entartet, eingeschätzt werden. Angesetzte Preise von wenigen Hundert Reichsmark lassen viele Bilder in der Versenkung verschwinden. Ein Monet wird z.B. auf 10.000 Reichsmark (=54.000,00 Euro) geschätzt, Klimts Bild „ Mäda Primavesi “ auf 110/150 RM (= 600/800 Euro). Tragisch, dass ein Großteil des Werkes von Gustav Klimt in den letzten Kriegstagen im Schloss Immendorf durch den Brand für immer verloren gehen.

Nicht ausgespart wird die unrühmliche Rolle der Republik Österreich bei der Restitution von Klimts Bildern an die Nachfahren der von den Nazis enteigneten jüdischen Familien.

Es mag wie ein Treppenwitz der Geschichte anmuten, dass die von den Nazis gering geschätzten Werke Gustav Klimts heute bei Auktionen Höchstpreise erzielen.

Meine Meinung:

Mona Horncastle ist eine sehr ausführliche und anschauliche Biografie Gustav Klimts gelungen. Co-Autor Alfred Weidinger ist einer der besten Klimt-Kenner der Welt. Sie beleuchten die unbekannten Seiten Klimts und lassen uns in den Zeitgeist der Wiener Gesellschaft um 1900 eintauchen.

Sie begegnen Gustav Klimt auf Augenhöhe, abseits der vielen Klischees und Legenden, die sich um das Leben des großen Künstlers ranken.

Bemerkens- und erwähnenswert ist auch die großartige Aufmachung des Buches: Gebunden mit Lesebändchen und einem färbigen Blattschnitt – in Anlehnung an Klimts verschwenderische Verwendung von Blattgold in einem goldähnlichen Gelb gehalten. Auch der Schutzumschlag ist ein Eyecatcher, der in gelb und weiß die für Klimt so typischen geometrischen Muster wiedergeben. Hohe Papierqualität, Lack- und Prägedruck ergänzen das auffallende Cover, das dem neugierigen Leser schon durch seine Haptik einen Lesegenuss verspricht.

Fazit:

Eine wunderbare Biografie, die mit den diversen Legenden rund um den Künstler und Menschen Gustav Klimt aufräumt. Dieses Buch zählt für mich zu den Highlights der Biografien und eignet sich hervorragend als Geschenk. Ich gebe 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung.




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