Buchbesprechung/Rezension:

Matthias Wittekindt: Fünf Frauen
Ein alter Fall von Kriminaldirektor a.D. Manz (4)

Fünf Frauen
verfasst am 23.09.2023 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Wittekindt, Matthias
Genre: Kriminalromane
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[Gesamt: 1 Durchschnitt: 5]

Die Erinnerung meldet sich, als Manz mit seiner Familie in der Kirche sitzt; sein Enkel wird konfirmiert. Was auftaucht, das ist die Geschichte eines Falles aus dem Jahr 1983, als Manz noch Kriminalhauptkommissar in Berlin war.

Mit seinem Kollegen Borowski ermittelt er im Fall eines ermordeten Pfarrers Busse, den man erst ein paar Tage nach seinem Tod aufgefunden hatte. Ort des Geschehens ist ein Wohnhaus in Berlin-Neukölln, in dem die beiden Polizisten auf Menschen treffen, deren Verhalten man als zumindest seltsam charakterisieren würde. Die drei Frauen, die gemeinsam den Mord gemeldet hatten. Das Ehepaar Böhmer, das scheinbar ein engeres Verhältnis zu dem Pfarrer hatte und das am Tatort einiges veränderte; aus Pietät, wie Frau Böhmer sagt, man konnte doch den armen Mann nicht einfach so liegen lassen. Frau Wendel, ihre Wohnung liegt direkt über der von Pfarrer Busse, die den Pfarrer bei seinen wohltätigen Arbeiten unterstützte.

In allen Gesprächen, die Manz und Borowski gleich vor Ort führen, kommt bald das Thema der vom Pfarrer betreuten Aids-Stiftung zur Sprache. Aids, eine Krankheit, mit der die beiden zunächst nichts wissen, erst vor kurzem wurde sie entdeckt und das allgemeine Wissen darüber ist begrenzt. Aber der Pfarrer, dem war es ein Anliegen, den Betroffenen zu helfen und er gewann viele der Hausbewohnerinnen als Unterstützerinnen; in der einen oder anderen Form.

Was auffällt ist, dass die befragten allesamt mit sehr ähnlich Worten daraus Auskunft geben, was sie über die Tätigkeit des Pfarrers wisse. In wirklich sehr ähnlich Worten und überdies auch noch ähnlichem Verhalten.

Wie sich herausstellt, sorgte Pfarrer Busse für einen steigen Spendenfluss für die Stiftung, immer wieder konnte er Erbschaften zu Geld machen. Was auch gleich ein Ansatz für die Ermittlungen sein könnte: wie kam der Pfarrer zu so vielen Erbschaften und was wollte der junge Mann, der im Treppenhaus lauthals nach Busse rief und sein Erbe forderte?

Auch das Haus selbst erweckt von außen betrachtet, einen anderen Eindruck als von innen, wer würde hier schon so große Wohnungen erwarten.

Wenn alles so seltsam wirkt – was ist davon überhaupt wahr und was ist nur ein Theater, das den beiden Polizisten vorgespielt wird?

Schon die ersten Absätze zeigen, dass man es mit einer nicht rasanten, dafür aber sehr sorgfältig aufgebauten Story zu tun hat. Es ist Zeit, sich entspannt im Lesesessel zurückzulehnen und gespannt die Ermittlung im Mordfall Busse zu verfolgen. Es wird, das ist nicht zu viel verraten, eine Ermittlung, die mit unerwarteten Wendungen aufwarten kann.

Ja, natürlich, es gibt auch ein Mordopfer und man hört, dass es ein unschöner Anblick ist, mit dem man es zu tun hat. Matthias Wittekindt schont aber sein Publikum und beschreibt das Unschöne in so vagen Andeutungen, dass es beinahe nicht mehr blutrünstig wirkt.

Alles liest sich, als wurde Manz direkt aus seinen Erinnerungen heraus erzählen, manchmal wirft er ein Blick in die Akten, man kann sich ja nicht alles merken, dann lässt er sein Gedächtnis weiter arbeiten. Eine sehr persönliche Geschichte, die nicht nur das augenscheinliche beinhaltet, sondern auch an den Überlegungen der beiden Kriminalisten Anteil nehmen lässt.

Dazwischen die ganz wunderbar erzählten „Homestorys“ mit Manz, seiner Frau Christine und den Töchtern. Geschichte von damals und heute. Wie sich die Zeiten ändern, wie aus einer Gegenwart eine Vergangenheit wird und sich andere Perspektiven ergeben. Wie die Kinder erwachsen werden, wenn man selbst älter wird. Die Mischung aus Kriminalfall, Familiengeschichte, der Vergangenheit und Gegenwart ist genau richtig dosiert und verleiht dem Roman eine ganz eigene, spezielle Athmosphäre.

Das alles ist angefüllt mit manchmal, wie ich finde, großartigen Satzbildern, mit denen man ganz genau sieht, was Wittekindt meint. Dazu die drehfertigen Dialoge, aus denen der Roman zum überwiegenden Teil besteht.

Das macht zusammen den bislang besten Teil der Reihe um Kriminaldirektor a.D. Manz. Gut zu lesen auch ohne Vorkenntnisse.




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