Buchbesprechung/Rezension:

Éric Vuillard: Traurigkeit der Erde
Eine Geschichte von Buffalo Bill Cody

Traurigkeit der Erde
verfasst am 20.07.2018 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Geschichte, Vuillard, Éric
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Das Bild der Indianer wurde bei uns in Europa zu einem wesentlichen Teil geformt von Karl May, Hollywood-Western und – Buffalo Bill. Der Mann mit dem weißen Spitzbart war zur Jahrhundertwende von 19. zum 20 Jahrhundert der berühmteste Schausteller der Welt und ist bis heute ein Begriff.

In einer Zeit als es noch keine bewegten Bilder gab, zog seine Wild West Show viele Millionen Zuschauer an. Buffalo Bill präsentierte seine Show nicht nur in Amerika sondern auch in Europa, er trat vor der König Viktoria auf und er erschuf erst das Bild der Indianer, das sich in den Köpfen der Menschen festsetzte; so ist auch das Indianergeheul ist seine Erfindung.

In den 1890er-Jahren, zur Hochblüte seiner Berühmheit und des Zuschauerinteresses , geschah dieses zur selben Zeit:

In Buffalo Bills Show wurde das Bild der edlen aber den Weißen immer unterlegenen Indianern gezeichnet, während die wenigen verbliebenen amerikanischen Ureinwohner, die der Ausrottung durch die Weißen und den eingeschleppten Krankheiten entgangen waren, in Reservate gepfercht und dafür auf Trecks von einem Ende des Landes zum anderen getrieben wurden.

Viele der weißen Männer, die sich bei den Gemetzeln und bei der Verfolgung besonders hervor taten, werden übrigens in den USA bis heute als Helden der Pionierzeit und der Eroberung des Westens gefeiert.

Éric Vuillard erzählt in unvergleichlicher Weise über diese unerträgliche Diskrepanz zwischen Wirklichkeit und Show. Er berichtet über das Geschehen anhand von Original-Fotografien aus jener Zeit, schildert das, was wir darauf tatsächlich sehen, er gibt den Fakten der Vergangenheit einen Erzählrahmen, der den Namen, die wir kennen, einen persönlichen Hintergrund gibt. 

Was zum Beispiel Sitting Bull bewegt haben mag, in der Show aufzutreten, oder wie Buffalo Bill mit der ihm wohl völlig bewussten Diskrepanz zwischen Realität und den von ihm daraus erdichteten Showacts umging.

So klar, so intensiv, wie ein reines Geschichtsbuch es nicht bewerkstelligen kann, wird eines der dunklen Kapitel aus der Geschichte der USA in Éric Vuillards Erzählung begreifbarer.




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