Buchbesprechung/Rezension:

John Grisham: Feinde

Feinde
verfasst am 01.04.2023 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Grisham, John, Thriller
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Das kommt nicht oft vor: “Feinde” habe ich bewusst langsam gelesen, damit das Ende immer noch möglichst weit weg bleibt und ich noch möglichst lange weiterlesen kann. Dabei ist dieser Thriller eines jener Bücher, die man richtiggehend verschlingen möchte.

 Schwierig, den optimalen Mittelweg zu finden :-)

Die Geschichte über zwei Familien im Süden der USA fand ich von Anfang an so packend, dass es durchaus mehr davon zu lesen geben dürfte. Es ist die zweite Einwanderergeneration, die sich in der Stadt Biloxi im Bundesstaat Mississippi am Golf von Mexiko niedergelassen hat. Die Kinder von kroatischen Einwanderern sind schon völlig in der neuen Heimat aufgegangen, die alten Wurzeln in Europa sind nur noch eine sehr ferne Erinnerung. Man lebt Tür an Tür, kennt einander von Kindesbeinen an.

Jesse Rudy und Lance Malco sind auf völlig gegensätzliche Lebenswegen unterwegs. Jesse hat sich mit großen Mühen durch ein Jura-Abendstudium gekämpft und wurde ein engagierter Anwalt. Lance hingegen glitt schon früh in die kriminelle Szene ab, sein Leben als Gangster war schon früh vorgezeichnet.

Trotz dieser unüberbrückbaren Gegensätze ihrer Eltern sind die gleich alten Söhne, nur ein paar Tage Altersunterschied trennt sie, in der Schule beste Freunde. Ein Dreamteam, das alles gemeinsam unternimmt. Jedenfalls so lange, bis beide langsam ins Teenageralter kommen. Da zeigt sich bald, dass die  Söhne ganz nach den Vätern geraten. Keith ist engagiert, ein beliebter Teamplayer, der schon recht früh beschließt, ebenfalls Jura zu studierten, so wie sein Vater Jesse.

Lance’ Sohn Hugh hingegen kann dem Studieren nichts abgewinnen, er findet mehr Gefallen an einem Leben in den Fußstapfen seines Vaters. Da heißt Nachtlokale, Prostitution, Glücksspiel – Lance hatte sich zum einflussreichsten Gangster der Dixie-Mafia hochgearbeitet, die meistens ungehindert an der Golfküste agieren kann. Dafür sorgen beste Verbindungen zu korrupten Polizisten und Vertretern der Justiz.

Doch weiterhin lebt man nebeneinander her und kommt einander nicht in die Quere. Bis Jesse, der sich einen Namen als engagierter Anwalt gemacht hatte, für das Amt des Bezirksstaatsanwaltes zu kandidiert. Beim ersten Versuch behält noch die Garde der von der Dixie-Mafia gesponsorten Kandidaten die Oberhand, der zweite Versuch aber ist erfolgreich. Jesse Rudy wird neuer Bezirksstaatsanwalt und eine seiner Hauptaufgaben sieht er darin, die Dixie-Mafia und damit Lance Malco und seine Leute hinter Gitter zu bringen.

Aus Nachbarn und Freuden werden erbitterte Gegner in einer Auseinandersetzung, die Menschenleben kostet.

John Grisham verbindet gekonnt einige historische Fakten aus der Kriminalgeschichte in und rund um Biloxi mit Geschichte der fiktiven Familien Rudy und Malco. Zu lesen ist über die erste Generation der Einwanderer, wie sie sich in Amerika zurechtfanden und wie ihre Nachkommen ihren selbstgewählten Platz in der Gesellschaft fanden. Grisham erzählt das ohne Ausschweifungen, mehr wie eine Reportage – aber die hat es wirklich in sich; alles das schon wäre ein toller Roman geworden.

Wie schon oben geschrieben, fand ich das Buch unglaublich fesselnd, alles passt zusammen, es sind keine Kunstgriffe in der Handlung erforderlich, alles schreitet quasi unaufhaltsam und unwiderstehlich voran. Es könnte gar nicht anders sein als so, wie man es liest.

Abseits der Story liefert Grisham, wie man es von ihm gewohnt ist, Einblicke in die Systeme, die (nicht nur) die Südstaaten der USA durchziehen. Dazu gehört das politische System der USA, in dem auch Positionen zur Wahl stehen, in denen es – wenigstens aus europäischer Sicht – nicht um Politik, sondern nur um klare Umsetzung von Gesetzen geht. Ein Sheriff und ein Staatsanwalt werden gewählt und sind deshalb immer anfällig für Gefälligkeiten gegenüber potenziellen Wählern und Unterstützern. Das ist zugleich auch ein zweites Thema, über das man liest. Wie sich Unterstützer mit viel Geld ihre Repräsentanten in Legislative und Exekutive kaufen (und Gegenleistungen erwarten und unverhohlen einfordern) und wie Kandidaten mit kleinem Budget wenig Chancen haben gewählt zu werden.

Das alles zusammen wurde ein (trotz mehr als 540 Seiten viel zu kurzer) großartiger Thriller mit einer überzeugenden Handlung. Eine unbedingte Leseempfehlung!




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