Buchbesprechung/Rezension:

Francesca Buoninconti: Tierisch laut
Die wundersame Welt der Kommunikation im Tierreich

Tierisch laut
verfasst am 15.03.2022 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Buoninconti, Francesca, Naturwissenschaft
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Akustische Kommunikation ist tatsächlich nur ein sehr kleiner Teil des Kommunikationsspektrums der Tierwelt. Für uns Menschen gibt es mehr als Reden und so verhält es sich auch bei Säugetieren, Reptilien, Fischen, Amphibien oder Vögeln; und Insekten bemühen dazu noch ganz eigene Formen der Kommunikation.

Zu dem, was man hören kann, kommen Gestik, Mimik, Körperhaltung und – sprache. Wer dazu biologisch in der Lage ist, hat dann auch noch Farbenspiele oder Veränderung der Körperform im Repertoire.

“Tierisch laut” ist somit ein Buchtitel, der den größten Teil des Inhaltes dieses Buches noch nicht verrät – abgesehen davon, dass wir als Menschen sowieso nur einen Teil des Schallspektrums hören können, vieles uns also ohne technische Hilfsmittel verborgen bleiben muss.

Es gilt auch noch, den Begriff “Kommunikation” zu definieren, denn Kommunikation ist bei weitem nicht nur das, was uns Menschen dazu aufs erste einfallen würde. Tarnen und Täuschen gehören dazu, ebenso wie der Umgang mit Werkzeugen oder die Veränderung der Umwelt. Denn mit der jeweils passenden dieser Kommunikationsformen wollen Lebewesen ganz unterschiedliches erreichen: Warnung vor Feinden, Informationsübermittlung, Werbung von Paarungspartnern, Anlocken, Täuschen, Zusammenhalten von Gruppen, Abschrecken von Rivalen. Und gezeigt wird damit oft auch die eigene Stimmungslage von entspannt bis ängstlich, von angriffsbereit über spielerisch bis unterwürfig.

Francesca Buoninconti bringt Inhalte aus ganz unterschiedlichen wissenschaftlichen Feldern in diesem Buch in Einklang. Denn nicht nur sind die Tierarten jeweils eigene und umfangreiche Forschungsgebiete, es kommen auch noch Biologie, Psychologie, Verhaltensforschung, Genetik und Evolution als eigene Bereiche hinzu.

Entsprechend umfangreich und breit gestreut liest man beispielhaft über einzelne Tierrassen, aber eben auch über viele nicht, weil eine Gesamtbetrachtung den Rahmen jedes Buches sprengen würde (Die zahllosen Fußnoten mit Verweisen auf die zugrundeliegenden Studien und Quellen belegen, welcher Aufwand hinter der Entstehung dieses Buch steht).

Wer, so wie ich, viel mit Hunden arbeitet, weiß über die breite Palette an Kommunikationsformen, mit denen Hunde gegenüber Artgenossen und gegenüber Menschen agieren. Wenn man nur aufmerksam genug ist, dann wird man vieles davon ganz leicht erkennen können, einfach deshalb, weil es Hunde über tausende Generation hinweg gelernt haben, ihre gesamte Kommunikation auf unsere Wahrnehmung auszurichten.

Gleiches bzw. ähnliches gibt es innerhalb praktisch aller Arten und auch zwischen Tierarten unterschiedlicher Klassen, wenn sie sich den Lebensraum teilen. Das Zusammenleben von Jägern und Gejagten führt zu einer steten “Aufrüstung” der Kommunikationsmittel, mit denen z. B. vor Gift gewarnt wird oder so getan wird, als sein man giftig, mit denen man größer erscheinen kann, sich als jemand anders ausgibt  oder sich gänzlich in der Umwelt verbergen kann.

Bei vielen der Beschreibungen wird man sich wahrscheinlich im Web gleich auf die Suche nach passenden Videos oder Bilder machen, denn so detailliert und anschaulich die Beschreibungen der Bewegungsabläufe und Anpassungen auch sind, können sie bewegte und bunte Bilder doch nicht ganz ersetzen. Es dienen aber umgekehrt viele der Beschreibungen im Buch als ganz ausgezeichnete Erklärungen zu diesen anderswo gefundenen Videos und Bildern.

Die Schwänzeltänze der Bienen, der Paartanz der Kraniche, das gegenseitige Lausen bei den Affen, die Wachposten bei den Erdmännchen, das Farbenspiel der Kraken, die Gesänge der Wale. Zusätzlich zu solchen und weiteren oft gezeigten und weitgehenden bekannten Verhaltensweisen erzählt dieses Buch auch von vielem, das neu, verblüffend und überraschend ist.

Dies ist kein Lesebuch, das man rasch durchlesen kann; die schier überwältigende Menge an Informationen steht dagegen.

Was ich als kleines Manko empfinde ist, dass es kein Stichwortverzeichnis gibt. Schnell einmal nachsehen, wie ein bestimmtes Tier kommuniziert, kann man daher nicht; dabei hätte ich genau darin einen zusätzlichen Wert gesehen: mit Hilfe dieses Buches die Informationen zu Themen, die einem im Alltag zufällig unterkommen, zu vertiefen.

Dennoch: ein sehr umfangreiches Werk, das tatsächlich verblüffende und faszinierende Einblicke in Welten liefert, die um uns herum existieren, die wir jedoch nur selten in ihrem ganzen Umfang erkennen. Einblicke in die Ergebnisse von Jahrmillionen der Evolution, von denen viele gerade jetzt darum kämpfen, das von uns Menschen angerichtete Chaos auf dem Planeten Erde zu überleben.




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