Buchbesprechung/Rezension:

Peter Rosei : Geld!

verfasst am 06.10.2011 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Rosei, Peter
Genre: Romane
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Am Ende des Romans hat der junge Broker Tom Loschek eine neue Geschäftsidee: „Amerika! Immobilien! Die braven Leute wollen sich Eigenheime bauen. Jeder sein warmes Nest. So viel Geld haben sie aber nicht, um das zu schaffen. Also brauchen sie Kredit, und den gibt man ihnen, nicht zu knapp.“ Wie die ganze Geschichte ausgegangen ist, wissen wir ja inzwischen und sie wird wohl auch noch nachfolgende Generationen beschäftigen.

Peter Rosei erzählt in „Geld!“ die Vorgeschichte des großen Zusammenbruchs, stellt uns Menschen vor, die Geld haben, jedoch kein großes Aufheben darüber machen und es selbstverständlich laufend vermehren wollen. Ihnen stellt er die Gruppe der so genannten Aufsteiger samt den dazu passenden Frauen gegenüber, die im Schatten des Geldadels auch unbedingt an die große Kohle kommen wollen.

Der Roman beginnt mit dem 60-jährigen Georg Asamer, Besitzer einer florierenden Werbeagentur, der alleine mit einer Haushälterin in seiner Villa in Hietzing wohnt. Asamer hat nicht vergessen, dass sein Erfolg auch auf der Motivation seiner Mitarbeiter beruht. Neues Personal geleitet er noch persönlich zum Arbeitsplatz. Und jetzt steht er im Badezimmer und starrt auf seine dämlichen Zehen und Nägel, „die nie etwas vom Sterben gehört oder gewusst hatten …”

Der Unternehmertypus Asamer stirbt aus und wird ersetzt von seinem Nachfolger Andy Sykora, glatt und frisch “wie eine Wasserlache gleich nach dem Regen”. Sykora nimmt seine Mitarbeiter nicht wirklich wahr, nur sich selbst, ist skrupellos und wird von keinerlei moralischen Zwängen gebremst. Da dies auf Dauer aber auch fad ist, sucht er sich ein neues Betätigungsfeld, ein Abenteuer, die Börse, sprich den Thrill der Spekulation.

Ein weiterer Reicher ist der Schweizer Pharmakonzernerbe Hansjörg Falenbruck, der vor Jahren vor der Last des väterlichen Erbes und einer aus heiterem Himmel abgesagten Hochzeit in die Südsee geflohen ist. Dort führt er das Hotel in dem Sykora und seine Gattin Elena, eine ehemalige Sekretärin in Asamers Agentur, die Flitterwochen verbringen. Einige Jahre später und zurück in Wien wird Frau Sykora völlig undramatisch in den Besitz des Konzernerben übergehen.

In weiterer Folge stoßen wir auch auf die Spuren von Irma Wonisch, jener Frau die einst Falenbruck vor dem Altar stehen ließ, ebenfalls einer Erbin aus begütertem Wiener Bürgertum, die sich gern in Künstlerkreisen bewegt und ihrer Sexualität freien Lauf lässt. Doch dann lernt sie den am Beginn erwähnten Broker Loschek kennen, der als Kind misshandelt wurde und bei Pflegeeltern aufwuchs. Sein Geltungsdrang fasziniert Irma und obwohl in finanziellen Dingen durchaus bewandert, liefert sie sich dem unscheinbaren jungen Mann aus.

Zwischen diesen Figuren entwickelt Peter Rosei ein fein gesponnenes Beziehungsgeflecht und fügt die einzelnen Charakterstudien zu einem Gesellschaftsportrait. Selbstgefällig, unverfroren, eitel und maßlos sind sie allesamt, wenngleich es Unterschiede zwischen dem alten Geldadel und den Neureichen gibt, die jegliche soziale Verantwortung vermissen lassen – ein ehemaliger österreichischer Finanzminister könnte als Prototyp dieser neuen gierbasierten Spezies dienen.

Rosei besticht in diesem schmalen Büchlein mit tiefgründiger Psychologie in einer formvollendeten Sprache. Die Thematik des schnöden Mammons steht nicht im Scheinwerferlicht, sondern lauert im Hintergrund und stellt die Triebfeder des menschlichen Handelns dar. Kurze Rede, langer Sinn: ein Roman passend wie die Faust aufs Auge dieser Welt, die von einer Finanzkrise in den nächsten Wirtschaftsabschwung taumelt und weil es so lustig ist, gleich noch einmal von vorne. 




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