Buchbesprechung/Rezension:

Popov, Alek: Die Huinde fliegen tief

verfasst am 28.03.2010 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Popov, Alek
Genre: Satire
Buchbesprechung verfasst von:

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[Gesamt: 2 Durchschnitt: 5]

Da bin ich wieder und wie beim letzten Mal schon geschrieben diesmal mit den tieffliegenden Hunden des bulgarischen Ausnahmeautors Alek Popov. „Ich kann nicht glauben, dass sich mein Vater in der schwarzen Plastikschachtel befinden soll, die uns soeben vom Zollamt zugestellt worden ist.“ Wenn ihnen der Auftaktsatz dieses Buches schräg vorkommt, sollten sie sich noch auf so manche Steilwand in den 400 Seiten gefasst machen.

Oder besser die Finger davon lassen!

Aber dann versäumen sie einen grandioskomischen, tarantinoesk anmutenden, kommunismus- und kapitalismuskritischen Roman von einem der talentiertesten jungen Schriftsteller des alten Kontinents. Popov erzählt die autobiographisch angehauchte Geschichte der beiden ungleichen Brüder Nedko und Angel Banov, sowie ihres in den USA verstorbenen Vaters, einem zwischen Genie und Wahnsinn angesiedelten Mathematikprofessor an der University of Philadelphia.

Nedko verlässt nach dem Tod seines Vaters Bulgarien und macht Karriere als Berater in einer global tätigen Rationalisierungsfirma und lebt, wenn er nicht durch die Gegend fliegt, in New York – wo sonst! „Ich komme von weit her und bleibe nur kurz!“ – dieser Satz treibt jedem normalen Arbeitnehmer den Angstschweiß auf die Stirn und auf noch so mach anderen Körperteil. Nedko gehört zum Verein der EBAL, den erfolgreichen Bulgaren außer Landes. Da hat man natürlich versteckte Feinde und die können zu den ungünstigsten Zeitpunkten auftauchen und bei einer Laptop-Präsentation vor dem Unternehmensvorstand für einen mittleren Skandal sorgen.

Angel verlegt derweil erfolglos Kinderbücher in Sofia, gewinnt in der bulgarischen Lotterie eine Green Card für das gelobte Land und trifft 15 Jahre nach dem Auskühlen der väterlichen Asche ebenfalls in New York ein. Nach anfänglichen Schwierigkeiten findet er einen Job als „Gassigeher“ im Central Park (10 Dollar pro Hund! und Stunde!) gerät aber zwischen die Fronten zweier verfeindeter Hundeausführergewerkschaften. Die „Menschen an der Leine“ und die „Dogster“ schrecken auch vor Hundekidnapping und Lösegelderpressungen bei den reichen Pinschern nicht zurück.

Nedko muss inzwischen in seine alte Heimat Bulgarien reisen, um einen etwas „fehlgeleiteten“ Mitarbeiter bei einer Firmenübernahme wieder auf Linie zu bringen. Vorher investiert er noch sein gesamtes Vermögen in Leerverkäufe auf fallende Aktienkurse bei Hundefuttermittelhersteller – ein todsicherer Tipp von keinem Geringeren als dem Chefanalysten von George Soros.

Dieses Buch wimmelt vor skurillen Charakteren, illustren Szenerien und vor allem einem gewaltigen Erzählsog, entsprechend dem wahren Grundprinzip des Kapitalismus, nämlich das es eigentlich egal ist ob das Geld mehr oder weniger wird, solange es sich nur irgendwie bewegt. Popov lässt abwechselnd die beiden Brüder als Ich-Erzähler auftreten und verleiht durch diesen permanenten Perspektivenwechsel der Geschichte Opposition, aber auch enormen Drive.

Aus der „Gruft des Kommunismus“ entweicht der „Geist der Kleptomanie“ und in den Vereinigten Staaten ist der Kapitalismus gerade im Begriff zusammenzubrechen. Gnadenlos steckt der Autor seine Finger in die Widersprüchlichkeiten und Wunden der beiden einst weltumspannenden Wirtschaftssysteme.

Unvorhersehbarkeit treibt nicht nur an den Börsen dieser Welt sein Unwesen, sondern ist auch ein zentrales Element dieser Familiengeschichte – auch Mutter Banov geistert irgendwo herum – und alles steuert auf ein Finale furioso zu. An alle verhinderten Schriftsteller und Drehbuchautoren unter den Lesern: Diesen Schluss erratet ihr nie!

Aber Popov ist ein begnadeter Erzähler und legt am Schluss noch ein Schäuflein nach und erhöht den Druck für Hirn und Zwerchfell. Und genauso gehört sich das auch!

Ned und Angel befinden sich permanent auf der Suche nach dem bedeutendsten Gut des menschlichen Lebens, nämlich Glück. Aber besteht Glück aus Geld oder einem Leben in einer Kommune am Amazonas mit „Sonne, Sex, Gütergemeinschaft, Trinkgelage mit den ortsansässigen Schamanen und atemberaubende Trips zu paradiesischen Planeten?“

Oder vielleicht doch irgendwo dazwischen?
Tja, das müssen sie schon selbst herausfinden.

PS: Übrigens, Zacharias meinem kleinen Zakelschaf geht es hervorragend. Es kann schon ganz alleine auf seinen Spaghettibeinen stehen ohne das es zuviel hin- und herwackelt.Und geblökt hat es auch schon. Zwar noch ein bisschen hochfrequent, aber immerhin!




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