Cay Rademacher: Rätselhaftes Saint-Rémy
Ein Provence-Krimi mit Capitaine Roger Blanc (12)

Autorin/Autor:
Genre:
Buchbesprechung verfasst von: Andreas
Online bestellen:

Auch wenn es mit einem Mord beginnt: der Anfang des 12. Krimis mit Capitaine Roger Blanc liest sich eher wie der Auszug aus einem Fremdenführer durch ein jahrtausendealtes Monument im Süden Frankreichs.
Wie immer ist ein Rademacher-Roman der in der Provence spielt, eine Mischung aus Kriminalfall, detailreicher Beschreibung von Landschaft und Sehenswürdigkeiten und mit Geschichten über das Privatleben von Blanc und seinem Team. Alles zusammen eine jährliche Lese-Zusammenkunft mit guten, alten Bekannten, bei der man nicht nur bestens unterhalten wird, sondern auch vieles über die Region Südfrankreich erfährt; Dinge, die man sich am besten von einem Ortskundigen wie Cay Rademacher, der dort auch selbst sein vielen Jahren lebt, erzählen lässt.
Worum es diesmal geht:
In der Ausgrabungsstätte der antiken Stadt Glanum bei Saint-Rèmy wird, halb verborgen im Schacht eines Brunnens, die Leiche des jungen Archäologen Gaspard Rouge gefunden. Ein Verbrechen in einem beliebten Ausflugsziel stellt die Gendarmerie vor noch mehr Herausforderungen, als ein „privater“ Tatort. Viel zu viele Spuren, wie soll man da die richtigen herausfiltern?
Das ist aber nicht die einzige Schwierigkeit. Denn schon nach wenigen Recherchen steigt die Zahl der möglichen Motive und die Zahl der möglichen Verdächtigen. Zugleich ist für Blanc und seine Leute nichts davon so konkret, dass sich daraus eine weitere gezielte Ermittlung planen lässt. Wurde Gaspard das Opfer von Eifersucht? Oder hat jemandem seine Suche nach archäologischen Fundorten missfallen? Wurde er von einem missgünstigen Konkurrenten beseitigt? Nimmt man dazu Sagen wie die von einer alten Göttin, dann gibt es für die Polizei viel zu tun.
Und immer wieder dreht sich alles diese beiden Fragen:
Hängt das heutige Verbrechen mit etwas zusammen, das vor 25 Jahren geschah?
Und was ist überhaupt vor 25 Jahren geschehen?
In der ersten Hälfte des Romanes liest man zunächst viel über die Menschen in Saint-Rèmy, über offensichtliche und weniger offensichtliche Verbindungen und vor allem viel über die Ausgrabungsstätte Glanum und die Umgebung der Stadt. Oft habe ich dabei das Gefühl, eine Sightseeingtour mit einem Guide zu unternehmen, so anschaulich beschreibt Cay Rademacher den Ort, den er, davon gehe ich aus, für die Vorbereitungen zu diesem Buch sehr genau erkundet hat.
Viele Ahnungen, viele Spekulationen, aber was davon trifft zu?
Ich habe mich bis fast zur Mitte des Buches vorgelesen, als eine einzige neue Information allem, was bisher zu erfahren war, eine ganz bestimmte Bedeutung verleiht und die Ermittlungen auf eine nun schon scheinbar recht konkrete Spur lenkt. Blanc, Fabienne und Marius ergreift das Jagdfieber, denn endlich kommen sich mit dieser neuen Erkenntnis der Lösung näher. Jetzt muss nur noch geklärt werden, ob der Fall damit zur Gänze gelöst werden kann; oder ob doch noch etwas bleibt, dem das Team des Capitaines nachgehen muss.
Cay Rademacher macht aus zunächst undeutlich sichtbaren Linien sehr raffiniert immer besser sichtbare Querverbindungen – nicht einfach, wenn sich die Lösung des Falles aus Begebenheit ergibt, die einen Abstand von 25 Jahren voneinander haben. Ging es bisher mit der Handlung eher gemütliche voran, so kommt jetzt mit zunehmender Spannung mehr Tempo dazu.
Eine geschickt konstruierte Handlung und die für meinen Geschmack optimal abgestimmte Mischung aus Krimihandlung und Beschreibung der Region machen aus dem zwölften Fall für Capitaine Blanc einen Roman, der ausgezeichnet unterhält. Und – wie immer – macht der auch Lust darauf, selbst einmal an die Orte zu reisen, von denen man in diesem Roman liest. Was mir seit nunmehr zwölf Jahren leider nicht gelingt, so sehr Rademachers detailreiche Ortsbeschreibung mehr als motivierend sind.
„Rätselhaftes Saint-Rémy“ ist, zusammengefasst, ganz sicher einer meiner Favoriten aus der Capitaine Blanc-Reihe!