Buchbesprechung/Rezension:

Bastian Obermayer, Frederik Obermaier : Panama Papers
Die Geschichte einer weltweiten Enthüllung

Panama Papers
verfasst am 22.07.2017 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Obermaier, Frederik, Obermayer, Bastian, Zeitgeschichte
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Auch wenn die Enthüllungen schon viele Monate zurück liegen: die Aufarbeitung wird noch Jahre dauern. Denn das, was unter dem Begriff “Panama Papers” bekannt wurde, umfasst Millionen von Dokumenten, hunderttausende Namen und hunderte Gigabites an Daten.

Eine unbekannte Quelle meldete sich im Jahr 2015 bei der Suddeutschen Zeitung und versprach, Dokumente aus dem innersten eines der weltweiten Zentren der Korruption, der Skrupellosigkeit und der Gier zu liefern: aus der inzwischen berüchtigten Kanzlei Mossack Fonseca in Panama. Politiker, Mafiosi, Wirtschaftbosse, versammelten sich dort um Geld in ungeheuren Mengen zu verschieben.

Die Menge der Daten wäre für Bastian Obermayer und Frederik Obermaier, die beiden Journalisten der SZ, nicht zu bewältigen gewesen. Sie wendeten sich an das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ), in dem weltweit hunderte investigativ arbeitende Journalisten vereinigt und deren Mitglieder auch sie selbst sind.

Im April 2016, nach rund einem Jahr Arbeit, wurden auf einen Schlag die wesentlichen Erkenntnisse dieser Recherche in 76 Staaten veröffentlicht. Der Rest ist bereits jetzt ein bleibender Teil unserer Zeitgeschichte.

Dieses Buch befasst sich nicht mit den Ergebnissen und Auswertungen sondern mit der Arbeit daran: von der ersten Kontaktaufnahme durch den Unbekannten, über die Organisation und Verifizierung der ungeheuren Informationsmenge bis zur Veröffentlichung.

Womit man unweigerlich beim – vor allem von in die Ecke gedrängten autoritär-affinen Politikern strapazierten – Modebegriff der Fake-News landet. Wirft dieser doch den Journalisten der gerne so genannten “Mailstream-Medien” in altbekannter Propaganda-Diktion laufend das Erfinden oder das Unterschlagen von Wahrheiten vor.

Die “Panama-Papers” sind dann eines der Beispiele für genau das Gegenteil: dass nämlich professioneller Journalismus Geschehnisse aufdeckt, die tatsächlich einige der einflussreichsten Personen des Planeten als Verbrecher entlarven.

Es sind allseits bekannten Namen darunter und es fanden sich unter dem Dach von Mossack Fonseca und den verwalteten Briefkastenfirmen friedlich vereint Bürger von Nationen aus Ost und West, Nord und Süd.

Abzuwarten bleibt, was die Gerichte aus diesem ungeheuren Berg an Informationen machen; immerhin haben die auch noch mehrere Steuer-CDs aus der Schweiz oder das Vermächtnis der Schüssel-Haider Regierung, die Eurofighter-Deals, etc, etc, aufzuarbeiten.

Zu dem, was heute jeden Tag geschieht: da gibt es einen US-Präsidenten, der die Presse als Feind des Volkes verleumdet um von eigenen Fehler und eigenem Unvermögen abzulenken; ein Möchtegern-Sultan am Bosporus erklärt jeden kritischen Journalisten zum Terroristen und lässt wahllos einkerkern, rund um den Kreml werden unbequeme Journalisten gleich erschossen. Aber warum so weit in die Ferne blicken: in der EU gibt es eine polnische Regierung, die zu Gunsten eigener Machterhaltung die Demokratie und deren Säulen demontieren möchte und – noch näher – wird in Ungarn regelmäßig versucht, den Rechtsstaat in einen Rechts-Staat zu verwandeln. Wenn wir in Österreich bleiben, dann gab es bis vor kurzem einen NÖ-Landeshauptmann, der sich solchermaßen rhetorisch mit den gerade genannten ins Bett legte, weil es jemand wagte, ihn nach seiner Stiftung zu befragen (danke an dieser Stelle an Armin Wolf).

Also machen wir uns nichts vor: Demokratie kann auch hierzulande für einige Politiker zum Problem werden, wenn es um deren eigene Haut geht.

Ich bin sehr froh, dass bei uns und vor allem auch in Ländern, in denen solches Handeln tatsächlich zur Bedrohung des eigenen Lebens führen kann, immer wieder und immer noch genug Journalisten daran arbeiten, die Abgründe hinter der direkt sichtbare Realität aufzudecken.

Ein PS zum Thema Wikileaks: dazu habe ich eine sehr eindeutige Meinung. Für mich ist Wikileaks längst zur Selbstdarstellungsmaschine des Julian Assange verkommen. Da geht es nicht mehr um das Aufdecken – falls es das jemals tat – sondern um das Lärmen um des Lärmens willen. Und Wikileaks veröffentlicht schon längere Zeit einfach ungeprüft alles, was daher kommt. Und wird so selbst zu einem Werkzeug derer, die hinten erfundenen News, den wirkliche Fake-News stehen.




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