Buchbesprechung/Rezension:

Vanessa F. Fogel: Hertzmann's Coffee

verfasst am 11.11.2014 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Fogel, Vanessa F., Romane
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Ein Roman, in dem die Jahrzehnte, die Generationen, das Zurückliegende und das Gegenwärtige zusammen finden; in den Erinnerungen von Yankel Hertzmann, der darin die Lösung für die Probleme in seiner Familie sucht.

Yankel und Dora sind seit 60 Jahren verheiratet. Sie haben gemeinsam ein Unternehmen zum Erfolg geführt, sie haben gemeinsam 4 Kinder groß gezogen, sie wurden gemeinsam alt und gehen jetzt daran, ihr Vermächtnis zu regeln. Ihre Familie ist jedoch, wie so viele andere Familien auch, nicht vor Neid und Eifersucht gefeit. Yankels Entscheidung, eines seiner Kinder an die Spitze des Familienunternehmens zu setzen, findet heftigen Widerspruch bei den anderen, nunmehr in die 2. Reihe verbannten Kindern.

Das, was Yankel und Dora voller Leidenschaft aus dem Nichts aufgebaut haben, droht in kürzester Zeit an der Gier der Erben in Brüche zu gehen.

Yankel sinnt auf eine Möglichkeit, sein Lebenswerk zu retten und zugleich seinen Kindern zu erklären, wie alles entstand. Seine Idee dazu ist gleichsam unkonventionell und für eine Mann seines Alters durchaus auch ungewöhnlich: er berichtet über seine und Doras Vergangenheit. Und er wählt dazu das Video als Medium und das Internet als Transportmittel; Hertzmanns Erinnerungen sollen auf YouTube zu sehen sein.

Das ist die viel versprechende Ausgangslage, aus der Vanessa F. Fogel eine enorm gefühlvolle Geschichte macht. Vor allem ist beim Folgenden bemerkenswert, wie sie (selbst knapp über 30 Jahre alt) die Gedanken und Ideen eines 85jährigen Mannes beschreiben kann. So, als wäre es Yankel selbst, der erzählt. Damit beweist sie sehr eindrucksvoll, welch großartige Erzählerin sie ist.

Da ist einmal die Geschichte der Liebe zwischen Dora und Yankel; wie liebevoll sie miteinander umgehen, wie sorgsam sie darauf achten, das, was sie in den gemeinsamen Jahren füreinander und miteinander an Zuneigung und Vertrauen gewonnen haben, zu bewahren und zu pflegen. Und das Zerwürfnis zwischen Eltern und Kindern und den Kindern untereinander; wie es so überhaupt nicht in Yankels Weltbild passt, dass wegen einer doch so banalen Entscheidung so tiefe Gräben aufbrechen können; wie die Kinder eher den Untergang der Firma in Kauf nehmen, als selbst einen Schritt zurück zu treten. Nichts scheint die Risse kitten zu können.

Dann Yankel: wie er der Videokamera aus seinem Leben erzählt – und YouTube verbreitet diese Lebensgeschichte in der Welt. Zuerst war es ihm gar nicht so bewusst, dass auch seine Kinder diese Lebensgeschichte sehen und hören können. Die Geschichte eines Lebens, das an vielen Orten der Welt Spuren hinterließ;  die Geschichte einer Vergangenheit, die bis dahin in der Familie niemals Thema war.

Zwischen traurig – wenn man sieht, wie eine Familie und eine Idee aus reiner Selbstsucht zu zerbrechen drohen – und weise – wenn man die zunächst rührend unbeholfenen, dann immer bestimmteren Schritte Yankels verfolgt, der mit aller Kraft sein Lebenswerk retten will – bewegt sich dieser Roman, immer getragen von der tiefen Zuneigung von Yankel und Dora. Da kann man gar nicht anders, als sich in beider Leben und beider Gefühle hinein zu versetzen und sie zu selbst (mit) zu erleben.

Schön. Lesenswert. Berührend.




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