Buchbesprechung/Rezension:

Michael Köhlmeier: Die Abenteuer des Joel Spazierer

verfasst am 30.06.2014 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Köhlmeier, Michael, Romane
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Joel Spazierer, ein Meister der Manipulation, Mörder, Lügner und Weitgereister, erzählt sein Leben als Ich-Autor. Ein Psychopath, der seine Erlebnisse in der Kindheit dafür verantwortlich macht, was er geworden ist – ein Mensch ohne Moral und Empathie. Eine groteske Geschichte. Hat mir das Buch gefallen? Ich überlege hier mit Joel Spazierers Lieblingsantworten: Ja. Nein. Weiß nicht.

Joel Spazierers Leben scheint keinem Gesetz zu folgen, und wenn doch – dann bestimmt er dies maßgeblich selbst. Er nimmt aber auch den Zufall an und richtet es sich durch Scheinanpassung und Manipulation seines Umfeldes. Er führt seinen Charakter, seine Ausprägung seines Über-Ichs, auf ein Erlebnis in seiner Kindheit zurück – und entschuldigt damit quasi seine Skrupellosigkeit.

Joel Spazierer wurde – damals noch András Fülöp – 1949 in Budapest geboren. Er wohnt während Stalins Ära bei seinen Großeltern. Eines Tages steht der russische Geheimdienst vor der Tür und verhaftet die Großmutter. Fünf Tage bleibt der vierjährige alleine in der Wohnung. Die einzigen, die ihm Trost spenden, sind seine imaginären Tiere – und diese begleiten ihn Zeit seines Lebens.

Das Erlebnis des „Allein-gelassen-worden-sein“ prägt diesen Jungen. Was ist die Wahrheit und wie schlage ich mich am Besten durch erklärt Joel Spazierer den Leserinnen und Leser mit seiner Geschichte, die ihn quer durch die Welt führt, in Länder mit unterschiedlichsten politischen Systemen.

Noch in jungen Jahren flieht er mit seiner Familie nach Österreich. Spazierer lernt schnell, sein hübsches Gesicht zu seinem Vorteil einzusetzen. Mit sieben Jahren ist er schon ein gefragter Stricher. Gefühlskalt bietet er seine Dienste an und erpresst bald seine Freier. Er wird zum Mehrfachmörder und zerstört Existenzen. Empathie kommt in seiner Ich-Erzählung genauso wenig vor, wie eine Überlegung zu moralischer Verwerflichkeit. Selbst in Haft richtet er sich alles zu seinem Vorteil und wird wegen guter Führung bedingt entlassen.

Schlussendlich landet Joel Spazierer in der DDR, gibt sich mittels gefälschtem Reisepass als Enkel des Kommunisten Ernst Thälmanns aus und erlebt einen gesellschaftlichen und beruflichen Aufstieg als Professor für wissenschaftlichen Atheismus an der Humboldt-Universität in Berlin.

Ein sehr anspruchsvolles Buch, wunderbar geschrieben. Aber ganz ehrlich: ich hab Manches einfach nicht verstanden.

Vielleicht ist auch das die Absicht des Autors – er bezeichnet sein Werk selbst als „Schelmenroman“ hält uns einen Spiegel vor…




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