Buchbesprechung/Rezension:

Natascha Bub: Ein Bild von einer Frau

Ein Bild von einer Frau
verfasst am 10.09.2024 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Bub, Natascha
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»Also, ich muss schon sagen, du bist dickköpfiger als ein alter Seemann, kleine Kraut!«

Viele von uns kennen jenes berühmt gewordene Foto von Ernest Hemingway (1899-1961), das ihn mit einem Blue Marlin und einer jungen Frau auf seinem Boot zeigt. Wie es zu diesem Schnappschuss gekommen ist, darüber schreibt Natascha Bub in ihrem Roman.

Die jungen Fotografin Insa Schönberg macht sich kurz nach dem Krieg mit einem alten Fahrrad von Göttingen aus auf den Weg nach Hamburg, um dort bei der bekannten Fotografin Rosemarie Pierer das Handwerk der Fotografie zu lernen. Insa ist 23 Jahre, unbekümmert, unerschrocken und glaubt fest an ihr Glück. Dennoch liegt ein Schatten auf ihrer Vergangenheit, denn ihr Vater ist ohne ein Wort zu verlieren aus ihrem Leben verschwunden. Die Suche nach ihm und dem „Warum“, wird sie zusätzlich anspornen.

Bei einer der zahlreichen Partys fordert sie den Verleger Ledig-Rowohlt zu einer Wette heraus: Sie will und wird den als unberechenbar geltenden Literaturnobelpreisträger Ernest Hemingway fotografieren.

Wenig später schifft sie sich nach New York ein. Mit wenig mehr als der Kamera und ein paar Kleidungsstücken im Gepäck trifft sie am Big Apple ein – von Hemingway keine Spur.

Insa durchstreift die Straßen von New York nach lohnenden Fotomotiven und dann gelingt ihr ein außergewöhnlicher Schnappschuss: Auf einer Straßenkreuzung entdeckt sie, ihre Rollei immer schussbereit, eine in sich gekehrte ältere Frau, erkennt in sie als Greta Garbo, reagiert in Bruchteilen von Sekunden und drückt ab. Das Foto von der alternden Schauspielerin, die „Die Göttliche“ genannt und sich längst aus dem Business zurückgezogen hat, geht als Titelbild des Magazins „Life“ um die Welt.

Nach diesem Foto erhält sie die begehrte Adresse von Hemingway und reist nach Kuba. Man kennt natürlich den trinkfesten »Cheminguey«. Allerdings dauert es eine geraume Zeit, bis sie ihm persönlich gegenübersteht. Der alternde Schriftsteller spielt zwar alle seine Allüren aus, nennt sie „kleine Kraut“ und lässt aber Insa bei sich wohnen. Wie wird es Insa gelingen, den Schriftsteller zu einer Fotosession zu überreden?

„Weißt du, ich glaube, wenn Menschen so viel Mut auf die Welt mitbringen wie wir beide, versucht die Welt sie zu zerbrechen. Denn das tut sie, die Welt, sie zerbricht jeden. Aber nachher sind wir an den zerbrochenen Stellen stark. Aber die, die nicht zerbrechen wollen, die tötet sie. Sie tötet die sehr Guten und die sehr Feinen und die sehr Mutigen, ohne Unterschied.“
(Seite 263)

Meine Meinung:

Die Nachkriegsjahre sind für viele junge Menschen Jahr des Aufbruchs. So auch für Insa Schönberg, deren reales Vorbild die bekannte Fotografin Inge Schönthal-Feltrinelli ist. Wie die Autorin Natascha Bub im Nachwort erzählt, ist dieser Roman eine fiktive Geschichte, die doch im Kern wahr ist.

Beide Hauptfiguren, also Schönthal-Feltrinelli und Hemingway, bieten eine Fülle von Anekdoten und Möglichkeiten, eine fesselnde Geschichte zu erzählen. Das ist der Autorin in diesem penibel recherchierten Roman vortrefflich gelungen. Das eine oder andere ist gut dazu erfunden, manche historische Begebenheit ein wenig „gebogen“, um im Roman den richtigen Platz zu erhalten.

Natascha Bub schafft es mit ihrer wortgewaltigen Schilderung, die dennoch die Leichtigkeit der Aufbruchstimmung der jungen Insa verkörpert, ein rasantes farbenprächtiges Kopfkino ablaufen zu lassen. Ich konnte direkt die erotisch aufgeladene Hitze Kubas spüren und das Meer riechen. Die durchzechten Nächte mit und ohne Hemingway zeigen eine unbekümmerte junge Frau, wie sie wohl nur durch die Nachkriegsjahre entstehen konnten.

Schmunzeln muss ich über den Titel „Ein Bild von einer Frau“ . Den kann man nämlich unterschiedlich interpretieren. Erstens ganz sachlich: ein Bild/Foto, das von einer Frau gemacht worden ist oder gemäß der Redewendung „Ein Bild von einem Mann“ als Kompliment. Wobei bei einem Mann eher Bewunderung im Sinne „der ist ein ganzer Kerl“ (was auch immer hier sehr subjektiv hineininterpretiert wird) mitschwingt.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem schwungvollen, farbenprächtigen, penibel recherchierten historischen Roman eine Leseempfehlung und 5 Sterne.




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