Buchbesprechung/Rezension:

John Williams: Butcher's Crossing

verfasst am 25.05.2015 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Williams, John
Genre: Romane
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[Gesamt: 1 Durchschnitt: 4]

Das Jahr 1870; die Zeit, als man den Westen jenseits der Appalachen noch den Wilden Westen nannte; ein Wilder Westen abseits von Indianern und Cowboys, Sheriffs und Revolverhelden. Das ist der Rahmen für die Reise des jungen Will Andrews, der aus Boston nach Kansas kam, um das Land kennen zu lernen.

In dem kleinen, trostlosen Flecken Butchers Crossing tritt er auf den erfahrenen Büffeljäger Miller. Während rundum die Büffelherden von den unzähligen Felljägern schon bis zur Ausrottung dezimiert wurden, wartet Miller auf die Chance an einen Ort zurück zu kehren, an dem er zehn Jahre zuvor noch Büffelherden sah, die sich bis zum Horizont ausbreiteten. Ganz so wie früher auch rund um Butchers Crossing.

Will Andrews lässt sich von der Begeisterung anstecken und sagt zu, das Geld für die Ausrüstung der Expedition an diesen fernen Ort in einem Tal in Colorado vorzustrecken. Dort würde man die besten Felle erjagen und alle, die dabei wären, könnten mit einem Schlag viel Geld verdienen. Die Gruppe besteht aus vier Männer: Will, der junge Mann, der das Land erkunden möchte; Miller, der Jäger, der von den guten alten Zeiten der Jagd träumt; Charley Hodge, der verkrüppelte Adlatus Millers; Schneider, der Häuter, der die Felle fachgerecht aufbreiten wird.

Die mühevolle Reise dauert mehrerer Woche und führt den kleinen Treck durch die Ödnis, immer auf der Suche nach Wasser, Richtung Westen. Nach kurzer Zeit verlassen sie die eingefahrenen Wege und sind ganz auf Millers Erinnerung an den richtigen Weg angewiesen.

Schon auf dem Weg werden die unterschiedlichen Beweggründe der Männer immer deutlicher. Während Will Andrews im Vertrauen auf den erfahrenen Miller geduldig die Fehlschläge hinnimmt und statt dessen mit jedem weiteren Schritt mehr von der Natur, dem Leben in sich aufnimmt, wird Schneider zunehmend ungeduldiger, geht es für ihn doch ausschließlich darum, zu Geld zu kommen. Miller versinkt, schon auf dem Weg, immer mehr in seiner Vision von einer grandiosen Jagd und findet mit Verbissenheit immer wieder den richtigen Weg. Charley vertraut auf seine Bibel und nimmt im Übrigen Millers Entscheidungen kritiklos hin.

Sie finden den Ort; das weite Tal, in dem wie in alten Zeiten unüberschaubare Büffelherden weiden. Ein Ort, an dem die Natur noch ursprünglich ist, wie sie war, bevor die Menschen über sie herein brachen.

Aus dieser unberührten Natur wird schnell ein Ort des Todes. Miller fällt in einen Blutrausch, der ihn immer weiter töten lässt, bis kein Büffel mehr lebt.

John Williams’ Bilder von den Menschen und der Natur wirken tief. So wie er die Menschen greifbar macht, so lässt er das Land um sie herum real werden. Dabei treffen die romantisierenden Vorstellungen der Menschen auf Landschaften, die erst durch diese Menschen zu dem wurden, was sie nun sind.

Da beklagt der Miller, dass es diese riesigen Büffelherden nicht mehr gibt, versteht oder sieht gleichzeitig aber nicht, dass es genau solche Typen wie er, skrupellose Jäger, sind, die für die Ausrottung der Bisons verantwortlich sind. Die Szenen, als er angesichts der intakten Herden wie ein Berserker zu wüten beginnt und ein Tier nach dem anderen abknallt, sind so dicht, so bildhaft beschrieben, dass sich in mir tatsächlich Ekel und Widerwillen breit machten; da war ich nahe daran, das Buch weg zu legen, so grauenhaft ist das, was hier geschieht – und was in den Ebenen des Westens der USA im 19. Jahrhundert tatsächlich genau so geschah.

Doch man kann mit Sicherheit sagen, dass die Natur immer einen Weg findet, sich gegen solche gedankenlose und zerstörerische Eingriffe zu wehren.

Die vier Männer müssen das selbst heraus finden, spüren am eigenen Leib, dass sie als Menschen der Gewalt der Natur völlig ausgeliefert sind. Eine Erkenntnis, die im Jahr 1870 galt, die 1960, als Williams diesen Roman schrieb, galt und die heute beinahe noch mehr gilt.

John Williams ist tatsächlich einer der wirklich großen Schriftsteller. Völlig unverständlich wie es geschehen konnte, dass er bis vor zwei Jahren, als Stoner wieder erschien, beinahe unbekannt war. “Butchers Crossing” reicht zwar nicht an “Stoner” heran – ein über die Masse der Bücher herausragender Roman ist es allemal.




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