Buchbesprechung/Rezension:

Alfred Polgar: Marlene
Bild einer berühmten Zeitgenossin

verfasst am 18.05.2015 | 1 Kommentar

Autorin/Autor: Polgar, Alfred
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Im Jahr 1926 begann Alfred Polgars immerwährende Zuneigung zu Marlene Dietrich. Auf der Bühne der Wiener Kammerspiele sah und hörte er sie zum ersten Mal; sie, die eine noch vielerorts unbekannte Schauspielerin war, deren weltweiter Ruhm mit dem Film „Der Blaue Engel“ noch ein paar Jahre in der Zukunft lag.

Alfred Polgar schwärmt für die Dietrich, wie es sonst wohl nur ein verliebter Teenager tun würde. Mit verklärtem Blick ist alles, was sie tut, sagt, wie sie sich bewegt, wie sie wirkt, ihre Augen, ihr Blick, ihre Auftritte, ihre Filme eine reine Offenbarung, quasi die Inkarnation eines göttlichen Wesens mit göttlichem Wirken.

1937 schrieb Alfred Polgar diese kleine Biografie. Mit kunst- und geistvollen Worten und Gedanken beschreibt er die von ihm so bewunderte Diva. Polgar bringt dabei in steter Folge so einzigartige, so unerwartete und bislang ungelesene Formulierungen zu Papier: so wird man lange des schier nicht enden wollenden Stromes an bewundernden Attributen nicht überdrüssig, sondern erfreut sich über viele Seiten hinweg an den niedergeschriebenen Worten Polgars, ebenso wie an dem gewonnenen Wissen über die Dietrich.

Irgendwann jedoch überwiegt dann aber die Verwunderung über Polgars, sichtlich ihn selbst überwältigenden, Bewunderungs- und Verklärungsausbruch. So habe ich im letzten Drittel der (soweso nur) rund 70 Seiten langen Erzählung den Inhalt mehr oder weniger ausgeblendet und mich nur noch an Polgars Sprachkunst erfreut.

Es ist wohl nicht nur mir so ergangen, denn diese im Jahr 2015 erschienene Ausgabe ist die Erstveröffentlichung dieses Buches.  Auch Polgar hatte, dem Vernehmen nach, keine rechte Freude mit seinem Werk. Einerseits hatte ihn die Dietrich, mit der er eng befreundet war, über die Jahre finanziell unterstützt, andererseits mag ihm diese Auftragsarbeit, einmal fertig gestellt, wohl auch selbst zu glorifizierend, zu augenscheinlich anbiedernd, zu unterwürfig erschienen sein.

Nach der Fertigstellung und Freigabe durch die Dietrich war durch den Aufstieg Hitlers zu einer alles bedrohenden Macht an eine Veröffentlichung im deutschsprachigen Raum nicht mehr zu denken; und nach dem Ende der dunklen Jahre dachte Polgar selbst wohl nicht mehr daran, dies nachzuholen. Hätte er es wohl gut geheißen, dass „Marlene“ nun doch veröffentlicht wurde?

Es ergibt sich ein sehr zwiegespaltenes Resumee: vielfach beeindruckende Sprache trifft auf beinahe bis zur Unerträglichkeit überdehnte Lobhudelei.




Ein Kommentar

  • Kurt J. Moosburger sagt:

    Kindheit und frühe Jugend im Nationalsozialismus. Postkriegsgymnasium. Allgemeines , schuldbewußtes Stillschweigen der Lehrer. Nichts erfahren von jüdisch geprägter österreichischer Literatur. Medizinstudium im zerbombten Wien. Nur mehr spärlich jüdische llehrende Professoren. Erlebt Prof Hayek, Prof Hoff. Gentlemen. Verjagt. Viele nicht mehr zur Rückkehr eingeladen. 2 Jahre in den USA. Echte Freundschaft mit jüdischen Kollegen bis heute. Zeitgenössisch dort aufgeklärt worden. Nicht in Österreich, hier das große Tabu. Lebensbegleitendes Lernen( continuing education) ebenfalls drüben kennengelernt. Führte mich zu alten, vergessenen jüdischen Autoren. Klugheit und Weisheit.

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