Mick Herron: Bad Actors
Ein Fall für die Slow Horses (8)
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Buchbesprechung verfasst von: Andreas
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Ein russischer Maulwurf im Büro des Premierministers in Downing Street 10, eingestellt von Anthony Sparrow, dem obersten Berater von Boris Johnson? Das ist eine üble Angelegenheit, wenn das herauskommt, können einige Leute den Hut nehmen; mindestens.
Wobei der Name Johnson niemals fällt, wohl aber aus der wenig schmeichelhaft Charakterisierung des Mannes unzweideutig zu erkennen ist, um wen es sich handelt. Dazu noch eine Ministerin, bei deren realer Entsprechung es sich wohl um die noch unfähigere (und spätere Kurzzeit-Premierministerin) Liz Truss handelt.
Wenn das bekannt wird, können alle ihren Hut nehmen, also muss Sparrow dringend etwas unternehmen. Wie man es von einem Karriere- und Machtgier-Typen wie Sparrow erwarten kann, ist ihm, dabei jedes Mittel recht. Hauptsache, er kann seine Haut retten. Und die einzigen Methoden, die er kennt, sind Intrige und Drohung.
Verdächtig dabei ist nur, dass die Sache durch einen Tipp des russischen Geheimdienstchefs selbst ins Rollen kam. Wer spielt welches Spiel und wohin soll das führen? Dass Jackson Lamb und mit ihm seine „Agentenabstellkammer Slough Hose“ auch mitspielen müssen, lässt sich bald nicht mehr verhindern.
Bis aber diese ganze Geschichte erstmals so richtig deutlich wird, dauert es beinahe bis zur Hälfte des Romanes (und das sind rund 200 Seiten). Die erste Hälfte wirkt auf mich etwas zerfahren, weil darin ich Herron für Neu-Leserinnen und -Leser die Leute aus dem Slough House sehr ausgiebig vorstellt und für alle anderen einfach noch ein paar neue Details zu deren Charakterisierung hinzufügt.
Das ist für meinen Geschmack zu ausufernd, weniger hätte durchaus gereicht, um die Protagonisten, die im weitere Verlauf ins Geschehen involviert sind, kennzulernen.
Diese einegschleuste Agentin, ihr Name ist Sophie deGreer, ist spurlos verschwunden. Sparrow beauftragt, hier steigen wir in die Story ein, Oliver Nash, Vorsitzender des Aufsichtskomitees über den Geheimdienst, herauszufinden, ob deGreer womöglich vom Geheimdienst kurzerhand „verschwunden wurde“. Weil sich aber niemand die Finger schmutzig machen möchte, beauftragt Nash wiederum Claude Wheelan, Ex-Chef des Geheimdienstes und Vorgänger der gegenwärtigen Chefin Diana Taverner, mit der Ermittlung.
Wie und warum dann Jackson Lamb auch noch in die weiteren Vorgänge involviert wird: angeblich war er der Letzte, den die Verschwundene angerufen hat; doch Lamb behauptet sehr überzeugend, davon rein gar nichts zu wissen.
Wenn einmal die erste Buchhälfte überwunden ist, wird es rasant, spannend, voller überraschender Wendungen. Weil sich alles im Milieu der Geheimdienste abspielt, steht Tarnen und Täuschen auf dem Programm; bis zum Schluss des Romanes wird sich ganz sicher niemand langweilen!
Alles ist unterlegt mit meistens wirklich großartigen Dialogen, die mich in Bezug auf Originalität und Wortwitz oft an die legendäre TV-Serie „Die 2“ mit Roger Moore und Tony Curtis erinnert. Das trägt die Story von Bad Actors auch über die inhaltlich nicht so überragenden Passagen – manchmal wirklich zum Brüllen komisch!
Für alle, die sich fragen, warum eigentlich Boris Johnson, der nur halbherzig anonymisierte Premierminister, der Regierungschef ist. Die Erklärung ist einfach: Das Original von Bad Actors erschien schon im Jahr 2022 und damals saß eben Johnson in Downing Street 10 und Corona bestimmte immer noch den Alltag.
Alles zusammen
Unbedingt ein MUSS für die Fans der Serie. Neueinsteigerinnen und Neueinsteiger dürfen sich nur nicht vom Anfang des Romanes abschrecken lasse – Für sie heißt es Durchhalten, es wird wirklich sehr lesenswert!