Buchbesprechung/Rezension:

Peter Lorath: Gesetz des Midas – Wiener Abgründe
Leopold Kern Band 3

Gesetz des Midas – Wiener Abgründe
verfasst am 24.09.2025 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor:
Genre:
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Online bestellen:   zum Thalia online-Shop
Schon selbst gelesen? Gib hier Deine Bewertung zum Buch ab!
[Gesamt: 0 Durchschnitt: 0]

„Strich und Mädchenhändler waren mein Spezialgebiet. Dank mir herrscht da jetzt Ruhe. Ich hab mich selbst arbeitslos gemacht.“
(S. 20)

Diesen trüben Gedanken hängt Leopold Kern, suspendierter Polizeiagent und Sonderermittler des Wiener Polizeipräsidenten Wilhelm Marx, beim Heurigen in Ottakring nach, als im März 1881 die Nachricht der Ermordung von Zar Alexander II. in Wien eintrifft. Marx rauft sich die Haare. Er ist für das Sicherheitskonzept für die aus- und inländischen Gäste, die anlässlich der nahenden Hochzeit des Thronfolgers Rudolph mit der belgischen Prinzessin Stephanie, verantwortlich. Das Attentat auf den Zaren schürt seine tiefsten Ängste. Nicht auszudenken, wenn die in Wien lebenden Sozialisten ähnliches versuchen sollten.

Man hat zwar die sozialistischen Arbeitervereine unterwandert und anschließend ausgehoben, aber Marx‘ geheimer Sonderermittler Leopold Kern muss wieder einmal einen heiklen Auftrag übernehmen. Er soll am Wienerberg, bei den tschechischen Ziegelarbeitern, heimlich ermitteln, zumal ein Ziegelarbeiter ermordet worden ist. Allerdings glauben weder Kern noch der Gerichtsmediziner, dass der wohlgenährte Mann mit den fein manikürten Händen, tatsächlich ein Ziegelarbeiter war, denn die sind im Allgemeinen abgearbeitet, mit rissigen Händen und aufgrund der prekären Wohn- und Arbeitssituation lungenkrank.

Im Laufe seiner Ermittlungen gerät Leopold Kern, der in seiner Jugend selbst als Ziegelarbeiter sein karges Brot verdient hat, in ein gefährliches Geflecht von Politik, Gier, Macht, persönlichen Feindschaften und Gewalt, die ihn einmal mehr beinahe das Leben kosten.

Meine Meinung:

Peter Lorath versteht es perfekt, penibel recherchierte historische Fakten mit fesselnder Fiktion zu verbinden. Wie schon in den beiden Vorgängern schickt er seinen Ermittler, der nach wie vor darunter leidet, seine geliebte Frau und seine kleine Tochter durch die Cholera verloren zu sein. Ja, er gibt sich die Schuld daran, beim Hauseigentümer nicht energischer den Anschluss an die Hochquellwasserleitung gefordert zu haben.

Als Wienerin, die sich nur zu gerne in die Geschichte ihrer Heimatstadt vertieft, und dabei vor allem auch die unschöne Seite der Stadt betrachtet, mag ich Peter Loraths Serie mit Leopold Kern sehr gerne. Kern ist so etwas wie ein Anti-Held, der vom Schicksal gebeutelt ist, bei seinen Ermittlungen häufig Prügel bezieht und noch immer auf den Ausgang des Disziplinarverfahrens wartet. Denn mit der allzu genauen Auslegung der Dienstvorschriften hat er es ja nicht. Es ist zu hoffen, dass er wieder in den regulären Kriminaldienst eingegliedert wird, aber ich befürchte, da steht ihm sein Charakter ein bisschen im Weg.

Gut gefällt mir, dass wir zahlreichen realen historischen Personen begegnen können. So lässt Lorath den späteren Armenarzt und sozialistischen Politiker Dr. Viktor Adler (1852-1918) die armen Teufel in den Ziegelwerken schon vor der Eröffnung seiner Praxis behandeln. Die Blechmarken, die die Arbeiter als Lohn erhalten haben und nur in eigens dafür vorgesehenen Werksküchen oder Geschäften gültig waren, hat es wirklich gegeben und sind als Truck-System international bekannt – eine englische Erfindung. Die Rechnung lautet: maximale Ausbeutung der Arbeiter = maximaler Profit.

Eine Kleinigkeit ist mir aufgefallen und hat mich stutzig gemacht, als vom großangelegten Ziegeldiebstahl die Rede ist. Soweit ich weiß, sind die Ziegel mit dem Namen bzw. Initialen der Hersteller gekennzeichnet gewesen. Das hätte doch auffallen müssen, dass die eine Ziegelfabrik Ziegel einer anderen vertreibt oder verbaut. Aber mit ein paar Scheinen lässt sich das vermutlich lösen.

Schmunzeln musste ich über den ehemaligen Hausdiener, den Leopold Kern quasi „geerbt“ hat und der ihm die eine oder an der Tür in die sogenannte bessere Gesellschaft öffnen kann. Ich hoffe, dieser neue liebenswerte Charakter bleibt Kern und uns erhalten.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem vielschichtigen, penibel recherchierten und fesselnd erzählten Krimi aus dem historischen Wien 5 Sterne und eine Leseempfehlung für die ganze Reihe.




Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Top