Buchbesprechung/Rezension:

Matt Haig: Ich und die Menschen

Ich und die Menschen
verfasst am 15.05.2023 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Haig, Matt, Science Fiction
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Die Vannadorianer sind überhaupt nicht glücklich, dass einer der Menschen auf dem Planeten Erde eine epochale Entdeckung gemacht hat. Professor Andrew Martin, muss aus dem Verkehr gezogen werden und das unauffällig, bevor diese rückständige Rasse auf diesem merkwürdigen Planeten etwas mit dem neuen Wissen anstellt.

Martin hatte den Beweis hier Riemanschen Vermutung (irgendwas mit Primzahlen) gefunden und so eine  Entdeckung in die Hände der notorisch auf Selbstzerstörung ausgerichteten Menschheit gegeben, die damit sicher wieder nur Unsinn machen würde. Denn wer den Nachweis findet, hat zugleich auch den Schlüssel für viele andere Entdeckungen in der Hand. Das muss um jeden Preis verhindert werden, der Professor muss weg.

Einer der Vannadorianer wird auf die Erde geschickt, um in die Figur des aus dem Verkehr gezogenen Professors zu schlüpfen. Allerdings war die Vorbereitung auf diese Rolle sehr mangelhaft. Und so geschieht es, dass ein ahnungsloser Alien auf dem Planeten landet und den Platz des Professors einnimmt, den die Vannadorianer beseitigt haben.  

Man stelle sich nun vor, dass man an einen Ort kommt, an dem man weder die Sitten der Bewohner noch die Sprache kennt und überdies selbst gänzlich abweichende Gewohnheiten von den Eingeborenen hat. Schwierig, schwierig. Das fängt schon mit dem Auftreten in der Öffentlichkeit an: welchen Wert haben denn diese Stofffetzen, die die Menschen um ihre Körper schnüren, wenn es doch angewendet viel angenehmer ist. Ist Anspucken eine Form der Demonstration von Zuneigung? Was essen diese Lebewesen und wie viel davon? Warum müssen Bücher stundenlang gelesen werden, wenn man den Inhalt doch in sekundenschnelle hinunterschlucken kann? Warum sind diese Menschen alle so hässlich?

Nicht einfach, da nicht aufzufallen. Eine Option ist, den verwirrten, überarbeiteten Professor zu spielen, der nach durcharbeiteten Nächten und dem folgenden Schlafmangel einfach ein wenig seltsam ist und Gedächtnislücken hat. Ja, so muss es gehen. Denn nach dem Austausch des Professors gilt es jetzt herauszufinden, ob der vielleicht noch anderen Menschen von seiner Entdeckung erzählte. Falls ja, dann müssen eben noch ein paar mehr von diesen Leuten verschwinden, es geht immerhin um die Sicherheit der Erde; wenn nicht der Galaxis oder überhaupt gleich des ganzen Universums.

Der Auftrag lautet, alle Menschen, die von der Entdeckung wissen könnten, zu eliminieren. Dafür hat der Vannadorianer eine Menge an Hilfsmitteln mitgebracht, mit denen er quasi zum perfekten Auftragskiller wird. Spuren wird er bei der Erledigung seines Auftrages nicht hinterlassen und wenn, dann werden diese rückständigen Erdlinge sie nicht erkennen. Ein erstes Opfer gibt es bald. Auf zum nächsten!

Dann aber macht sich eine Hinterlassenschaft des übernommenen Andrew Martin bemerkbar: Die nennt sich Gewissen und das machte es dem Vannadorianer schwer, einfach so die Leute zu eliminieren, nur weil der Verdacht besteht, sie könnten etwas wissen und sie könnten mit dem Wissen etwas anstellen. Noch schlimmer, scheint sich ein Gefühl mit dem Namen Zuneigung gegenüber Martins Ehefrau Isabel und Sohn Gulliver einzustellen. Sein erster und bester Ansprechpartner ist aber Newton, der Familienhund … das ist Lebewesen, dem man vertrauen kann. Und weil er es kann, beseitigt er gleich einmal die diversen Wehwechen des Vierbeiners.

Anders gesagt: Der Alien wird immer menschlicher, fast – nein ganz sicher: Er wird menschlicher als der Mensch, den er ersetzt hat. Ist das jetzt gut oder schlecht? Je länger er auf der Erde ist, desto besser versteht er die Menschen und desto schwerer wird es für ihn, den Auftrag zu erfüllen (und die Menschen kommen ihm auch nicht mehr so hässlich vor). Was wiederum den Moderatoren der Vannadorianer, die ihn mit dieser Mission beauftragten, gar nicht gefällt.

Weil Andrew, immer mehr sieht er sich als Andrew, seinen Job als Auftragskiller nicht mehr durchführt, müssen die Moderatoren einen Ersatz-Killer schicken. Jetzt, man kann es sich denken, wird es kompliziert …

Es ist, zusammengefasst, ein wirklich witziges Buch. Vor allem und noch mehr dann, wenn man sich das, was der Alien (wie heißt er überhaupt?) sieht und hört bildlich vorstellt. Eine gute Gelegenheit, einen Blick auf unsere Sitten und Gebräuche zu werfen – im Alltag achten wir ja kaum darauf und auch nicht auf die Widersprüche, die sich im Laufe von unzähligen Generationen eingebürgert haben (Wenn ich ehrlich bin, dann wirken einige unsere Verhaltensweisen, so aus der Sicht eines Außerirdischen, wirklich seltsam).

Während man sich über weite Strecken bestens amüsiert, liest man zugleich auch noch etwas über uns Menschen selbst. Wie wir im Laufe der Zeit immer achtloser mit unserem Leben und den Menschen um uns herum umgehen. Das ist die andere Seite dieses Buches.

Es musste erst ein Außerirdischer kommen, um uns das vor Augen zu halten :-)




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