Buchbesprechung/Rezension:

Black, Benjamin: Der Lemur.

verfasst am 07.08.2010 | einen Kommentar hinterlassen

Autorin/Autor: Black, Benjamin
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John Glass hat sich mit der Heirat von William “Big Bill” Mulholland’s Tochter Lousie selbst keinen Gefallen getan: seine Ehe ist nach vielen Jahren zu einer Verbindung ohne Gefühle geworden, er selbst wurde von einem angesehenen Journalisten zu einem geistig trägen Ehemann, den es mehr oder weniger ziel- und antriebslos durch sein Leben zieht.

Mit seinem Schwiegervater verbindet ihn gegenseitiges Vertrauen und das bringt ihm einen äußerst einträglichen, wenn auch auf den ersten Blick wenig aufregenden Auftrag ein: er soll die Biographie von Bill schreiben, von dessen Zeit als Agent der CIA im Kalten Krieg bis zum Aufstieg in die Welt der Reichen und Mächtigen.

Zur Arbeit an der Biographie gehört es, nach John’s Verständnis, in der Vergangenheit zu recherieren. Dylan Riley,  der Lemur, der ihm für diesen Job empfohlen wurde, entpuppt sich aber schon kurz nach dem ersten Gespräch als ein Rechercheur, der mehr weiß und auch mehr verlangt, als John lieb ist. Der Umstand, dass Riley wenige Stunden nach dem letzten Telefonat mit John tot aufgefunden wird, befreit ihn zwar von der Sorge, dessen “Honorar-Forderung” über die Hälfte der 1-Millionen-Dollar-Gage für die Biographie akzeptieren zu müssen, doch das zeitliche Zusammentreffen dieser Forderung – oder war es eine Erpressung? – und dem gewaltsamen Tod des Detektivs steigert seine Unsicherheit immer mehr.

Unsicherheit, wie lange seine außereheliche Affäre mit Allison vor Bill noch verborgen bleibt, Unsicherheit, wie Lousies’ Sohn aus erster Ehe in die Sache verstrickt ist, unsicher, wie er Bill erklären soll, dass er jemanden von außerhalb mit Recherchen beauftragt hat, Unsicherheit, welche Informationen und Fakten der Lemur ausgegraben hatte, die es ihm erlaubten, die Forderung nach einer halben Million Dollar überhaupt zu stellen.

Die Biographie von William Mulholland, obwohl noch nicht einmal begonnen, wird mehr und mehr zum Albtraum für John Glass.

Der Satz: “Wenn Du nicht weisst, wer der Trottel ist, bist Du’s” charakterisiert das ganze Dilemma von John  Glass. Er ist ein Mann aus Irland, verloren in New York, verloren in einer Beziehung ohne Zukunft und in einer Ehe ohne Gemeinsamkeiten. Eingefangen in einer Welt von Geheimnissen und vagen Bedrohungen, in der man den Gegner nicht kennt und dessen nächste Handlung man nicht vorhersehen kann.

Weniger die  Spannung als die mitschwingende Melancholie und Resignation im Wesen des John Glass  sind es, die den Reiz von “Der Lemur” ausmachen. Als Leser teilt man seine Verlorenheit und bleibt zunächst auch selbst ahnunglos, was hinter alledem steht. Getragen wird alles von einer Sprache, die mit wenigen Worten viel ausdrückt und ein einprägsames Bild der  Ereignisse erschafft.

John Glass findet inmitten seiner Melancholie und Resignation ein wenig von seinem Instinkt wieder, der ihn einst zum erfolgreichen Journalisten werden ließ. Das führt ihn am Ende zu dem, was er wissen wollte. Und zum Anfang neuer Fragen.




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