Mona Horncastle: Peggy Guggenheim
Freigeist - Mäzenin - Femme fatale

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Buchbesprechung verfasst von: Gertie
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In diesem 10. Band aus der Serie „Reihenweise kluge Frauen“, die im Verlag Styria erschienen ist, beschäftigt sich die Kunsthistorikerin Mona Horncastle mit Peggy Guggenheim (1898-1979). Allerdings widmet sich die Autorin nicht unbedingt Guggenheims Rolle als Ehefrau, Geliebte oder Mutter, sondern mehr jener als Erbin, Fluchthelferin, Kunstsammlerin und Mäzenin. Mona Horncastle erzählt den Werdegang der Kunstsammlerin als wäre sie ein Mann, denn Mäzene fragt man nicht nach Frau und Kind.
Peggy Guggenheim, eigentlich Maguerite Guggenheim, ist die Tochter von Benjamin Guggenheim, jenem jüdischen New Yorker Unternehmer, der beim Untergang der Titanic den Platz im Rettungsboot seiner Geliebten überlässt und stirbt. Durch den frühen Tod ihres Vaters wird Peggy Guggenheim zur reichen Erbin, die sich allerdings den jüdischen Konventionen widersetzt. Sie geht nach Europa, heiratet 1922 den Nicht-Juden Laurence Vail, einen französischen Maler und Bildhauer. Im Paris der Zwischenkriegszeit lernt sie die Avantgarde der Literatur und bildenden Künste kennen, kauft Werke noch unbekannter Künstler oder von jenen, deren Bilder als unverkäuflich gelten, weil sie nicht dem Geschmack potenzieller Käufer entsprechen. In ihrer Londoner Galerie Guggenheim Jeune stellt sie Künstler wie Jean Cocteau, Braque, Picasso, Mondrian, Kandinsky, Chagall oder Dali aus. Da die Galerie keinen Gewinn abwirft, schließt sie diese 1939 wieder und kehrt nach Paris zurück.
Als Hitler Europa mit Krieg überzieht und Frankreich besetzt, wird sie durch ihr Vermögen zur Fluchthelferin. Sie unterstützt Varian Fry in seinen Bemühungen zahlreiche von den Nazis Verfolgte aus Frankreich herauszubringen. Letztlich muss sie selbst aus dem besetzten Frankreich in die USA fliehen. Ihre Kunstsammlung kann sie mit viel Glück und Chuzpe retten.
In New York stellt Peggy Guggenheim 1943 für vier Wochen in der „Exhibition by 31 Women“ ausschließlich Kunstwerke von Frauen, lauter Vertreterinnen der Avantgarde, aus. Unter diesen 31 Frauen sind u.a. Frida Kahlo, Djuna Barres, Meret Oppenheim, Kay Sage oder Dorothea Thanning zu finden.
Nach dem Krieg kehrt Peggy Guggenheim nach Europa zurück, kauft einen Palazzo in Venedig und errichtet die Collezione Peggy Guggenheim.
Meine Meinung:
Die 224 Seiten starke Biografie gliedert sich in sechs große (Lebens)Abschnitte, die von einem „Intro“ sowie “Echo“ und Nachwort umrahmt sind. Zahlreiche Fotos, Zitate und Ausschnitte aus ihren Briefen ergänzen Peggy Guggenheims Lebensgeschichte:
- Intro
- Herkunft
- Emanzipation
- Neuanfang
- Warclouds
- Art of This Century
- Collezione Peggy Guggenheim
- Eine Art Nachwort
Kunsthistorikerin Mona Horncastle kenne ich schon durch ihre Biografien über Gustav Klimt, Josephine Baker und Margarete Schütte-Lihotzky. Diese Frauen-Biografien sind ebenfalls Teil der Reihe „Reihenweise kluge Frauen“. Das Buch über Peggy Guggeheim passt durch sein Format und seine gediegene Aufmachung perfekt zu den neun anderen Frauen-Biografien.
Mona Horncastle Schreibstil ist schnörkellos, knapp und präzise, was ich sehr gerne mag. Anders als in anderen Biografien oder biografischen Romanen wird Peggy Guggenheim nicht auf ihr, von vielen Zeitgenoss:innen als skandalös empfundenen, Privatleben reduziert. Mona Horncastle klammert ihre private Rolle als Ehefrau, Geliebte und Mutter auf weiten Strecken bewusst aus. Deutlich kommt hervor, dass sie von ihrer Entourage häufig als nie versiegende Geldmaschine gesehen wird, von der man bequem leben kann. Ihr erster Ehemann Laurence Vail, den sie auch nach der Scheidung und seiner Wiederverheiratung weiterhin finanziert hat, sticht hier besonders hervor. Auch Max Ernst profitiert vom Geld und den Verbindungen seiner (dritten) Ehefrau.
Ich kann mich an manchen Stellen des Eindrucks nicht erwehren, dass Peggy Guggenheim neben der Rolle als Mäzenin und Kunstliebhaberin auch die der nützlichen Idiotin, auf deren Kosten man bequem leben kann, gespielt hat. Ob sie sich dessen bewusst war?
Fazit:
Gerne gebe ich dieser Biografie einer Frau, die nicht auf ihre unkonventionelle Lebensweise reduziert werden sollte, 5 Sterne.