Buchbesprechung/Rezension:

Roberto Bolaño: Der Geist der Science-Fiction

Der Geist der Science-Fiction
verfasst am 09.07.2025 | einen Kommentar hinterlassen

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Dieser Roman wurde bereits 1984 geschrieben, erschien jedoch erst 2016 auf Spanisch und 2017 in deutscher Übersetzung. Ein frühes Werk, in dem sich viele der Themen abzeichneten, die in Bolaños spätere Bücher einflossen und letztendlich in den Jahrhundertroman „2666“ mündeten.

Der Roman spielt im Mexiko-Stadt der 1970er Jahre und folgt zwei jungen chilenischen Exilanten: dem angehenden Dichter Jan Schrella und seinem Mitbewohner Remo, einem Alter Ego Bolaños. Beide sind Teil der literarischen Subkultur der Stadt, leben in ärmlichen Verhältnissen, lesen exzessiv und schreiben leidenschaftlich. Während Remo sich in das Leben und die Stadt stürzt, verschanzt sich Jan tagelang in seinem Zimmer, von wo aus er fiktive Briefe an berühmte Science-Fiction-Autorinnen und -Autoren schreibt – unter anderem an James Tiptree Jr. und Ursula K. Le Guin. Diese Briefe nehmen einen zentralen Platz im Text ein und spiegeln die Mischung aus Verehrung, Einsamkeit und intellektuellem Ringen wider, die den Roman durchzieht.

*Der Geist der Science-Fiction* hat keine durchgehend erzählte Handlung, sondern ist so etwas wie ein literarisches Puzzle: Bruchstückhaft und oft verschwommen wechselt Bolaño zwischen tagebuchartigen Notizen, surrealen Träumen, realistischen Milieuschilderungen und poetischen Reflexionen über Literatur, Identität und Revolution. Das alles verlangt einiges an Geduld und Aufmerksamkeit vom Leser.

Thematisch dreht sich der Roman um das Verhältnis von Literatur und Leben, um Jugend, politische Ideale und die Suche nach einer neuen Sprache. Science-Fiction wird dabei nicht inhaltlich behandelt, sondern erscheint als Symbol für eine literarische Sehnsucht nach anderen Wirklichkeiten – als utopisches Gegenbild zur Diktatur, zur Ausweglosigkeit des Exils und zur Marginalität des Künstlerdaseins. Darüber hinaus finden sich die typischen Motive Bolaños wie Nazis, Literaten, Unterdrückung und Exil.

Auch Bolaños Sprache ist in diesem frühen Werk schon so, wie man sie aus seinen späteren Büchern kennt – wer diese gelesen hat, wird viele vertraute Töne wiederfinden, auch wenn „Der Geist der Science-Fiction“ eher der Entwurf eines Romanes als ein abgeschlossenes Werk ist. 

Bei derartigen posthumen Veröffentlichungen stellt sich für mich immer die Frage, warum der Autor dieses Werk nicht schon zu seinen Lebzeiten veröffentlicht hat, veröffentlichen wollte oder konnte? Weil er es aus unfertig betrachtete? 

Ich verstehe natürlich das Anliegen des Verlages, aus dem Mythos Roberto Bolaño möglichst viel Nutzen zu ziehen. Ob man damit allerdings dem Vermächtnis dieses so großartigen Autors einen guten Dienst erweist, sei dahingestellt.




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