Buchbesprechung/Rezension:

Taffy Brodesser-Akner: Die Fletchers von Long Island

Die Fletchers von Long Island
verfasst am 27.06.2025 | einen Kommentar hinterlassen

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In den 1980er Jahren wird Carl Fletcher, ein millionenschwerer Geschäftsmann aus Long Island, entführt und als Geisel gehalten. Nach fünf qualvollen Tagen wird er freigelassen, nachdem seine schwangere Frau Ruth ein beträchtliches Lösegeld gezahlt hat.

Zurück in Freiheit ist aus dem vormals energischen Mann ein Schatten seiner selbst geworden.

Carls Mutter Phyllis übernimmt das Kommando, noch mehr, als sie, die Patriarchin, es schon vorher innehatte. Sie entscheidet, dass das Leben so weiterzugehen hat, wie sie alle es gewohnt waren. Die Flechters, so bestimmt sie, werden das selbst bewältigen, die Familie braucht von niemandem Hilfe. 

Das ist deinem Körper passiert.
Das ist nicht dir passiert

Diesen Satz trichtert sie Carl ein und an diesen Satz glaubt sie selbst unbedingt. Doch um ganz sicher zu gehen, dass alles so läuft, wie sie es vorgibt, entscheidet Phyllis, dass Carl und seine Familie ihr bisheriges Haus aufgeben muss und auf dem riesigen Anwesen von Phyllis ein neues zu bauen hat.

Doch nichts ist normal, alles ändert sich. Die Kunststofffabrik wird verkauft, selbst die makellos gepflegten Häusern zeigen im Lauf der folgenden Jahre mehr und mehr Spuren des Verfalls. Carls Trauma hat sich auf alle übertragen: Auch vierzig  Jahre nach der Entführung sind seine Kinder Nathan, Bernard („Beamer“) und sogar Jenny, die damals noch gar nicht geboren war, tief geprägt von dem Ereignis 

Beamer, ein sex- und drogensüchtiger Hollywood-Drehbuchautor, kann nicht aufhören, über Entführungen zu schreiben. Nathan, ein Anwalt, der Angst vor einem Prozess hat, ist von einer Angst geplagt, die sein Leben und das seiner jungen Familie durchdringt. Und Jenny hat es trotz ihres Scharfsinns und ihrer enormen finanziellen Privilegien nie geschafft, festen Halt in der Welt zu finden. 

Nur der Umstand, dass alle über ein beinahe unerschöpfliches finanzielles Sicherheitsnetz verfügen, ist lange Zeit das Einzige, womit das Leben der Kinder Carls noch in einigermaßen geordneten Bahnen verläuft.

Als Phyllis stirbt, kommt die Familie auf Long Island zusammen. 

Mit diesem, ihrem zweiten, Roman führt Taffy Brodesser-Akner in eine Gesellschaft, die in der Abgeschiedenheit ihrer Häuser und hinter dem Schutzschild ihres Reichtums ein Leben fernab der Realität der Mehrheit der Menschen führt.

Zwischen drastischer Schilderung von Beamers abstoßenden Eskapaden und oftmals zum Brüllen komischem Humor liest man in diesem Roman weniger eine fortlaufende Handlung, sondern die  Charakterstudien von Menschen, die ihre Chancen hatten und keine nützten.

Damit erzeugt Taffy Brodesser-Akner ein Bild für ihre Leserschaft, das durchaus auch das Klischee von den Ultrareichen bedient, die in ihren Enklaven ein scheinbar sorgenfreies Leben führen, völlig abgeschottet von den Alltagsanforderungen, die die Mehrheit der Menschen bewältigen müssen. Liest man diese Geschichten, dann wird sogar ein wenig deutlich, wie reale Persönlichkeiten ticken, die regelmäßig in unseren News auftauchen und mit ihrem Geld Einfluss auf die Welt nehmen wollen.

Wenn man also weiß, dass es in diesem Buch primär nicht um eine Handlung, sondern vielmehr um eine Milieustudie geht, dann wird man die passende Einstellung zu diesem Roman finden.

Es bleibt aber aus meiner Sicht ein Manko, dass der Roman unnötig umfangreich ist. Mit etwas mehr als 570 Seiten bleiben Längen nicht aus, etliche der Szenen hätten durch „Eindampfen“ wohl an Schärfe und Intensität gewonnen, ohne irgendetwas dabei zu verlieren. Und damit meine ich nicht nur ein paar Seiten, ein Drittel Umfang weniger wäre wohl ausreichend gewesen.

Was dazu führt, dass ich mich zu oft über weite Abschnitte durchkämpfen muss, immer in der Erwartung, dass wieder eine Passage kommt, die mich fesselt. Am Ende jedoch ist mein Fazit, dass es von diesen fesselnden Passagen zu wenigen gibt, bzw. diese durch die ausschweifend geschriebenen Passagen allzu oft überdeckt werden.




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