Buchbesprechung/Rezension:

Roberto Ampuero: Tod in der Atacama

verfasst am 02.03.2012 | 1 Kommentar

AutorIn & Genre: Ampuero, Roberto, Kriminalromane
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Ein geschichtsträchtiges und hartes Land: die Atacama-Wüste ist seit Jahrtausenden Siedlungsgebiet und sie ist gleichzeitig eine der wasserärmsten Gegenden auf unserer Erde. Und ein Verbrechen: Willi Balsen, ein deutscher Entwicklungshelfer wird ermordet. Das, was von der örtlichen Polizei schnell als einfacher Raubmord eingestuft und langsam zu einer verstaubten Akte wird, das soll in Wahrheit nur der sichtbare Teil einer weit über die Grenzen Chiles reichenden Verschwörung zu sein.

Das meint zumindest die Reporterin der FAZ, die auf dem Weg war, den Mann zu treffen, aber zu spät kam. Weil sie hinter alledem eine weitreichende Story vermutet, möchte sie den Fall ohne die Polizei lösen, denn dann kann sie eine ganze Menge Honorar heraus holen.

Zuerst scheint das nur ein willkommende Einnahmequelle für den ansonsten wenig beschäftigten Privatdetektiv Cayetano Brulè zu sein, dann stösst er bei seinen  Recherchen schon bald auf interessante Fragen: war der Deutsche ein Antiqutätenschmuggler? Oder wurde er doch nur wegen des Geldes ermordet, das er für die Finanzierung seines Projektes in San Pedro bei sich hatte? Gibt es Verbindungen, die bis ins Parlament in Santiago reichen? Ist er mit seinem Bewässerungsprojekt den falschen Leuten auf die Zehen getreten? Hat Balsens Vergangenheit in der DDR damit zu tun? Oder liegt das Motiv in der Ausbeutung der reichen Bodenschätze der Wüste? Ist Drogenhandel im Spiel?

So einsam und abgeschieden und lebensfeindlich kann ein Landstrich gar nicht sein, dass es dort nicht von zwielichten Gestalten und profitgierigen Organisationen wimmelt.

Eine Geschichte, die vom (Schreib)Stil her genauso gut auch in Nordamerika oder in Europa angesiedelt sein könnte. Vom Inhalt aber, da ist sie nur in Chile möglich, denn die die Eigenheiten des Landes sind ein entscheidender Aspekt dieses Buches.

Von Valparaiso, der Heimatstadt Brulès,  geht es auf der Spur der ersten Hinweise zuerst nach Santiago de Chile und dann nach Norden nach  San Pedro, mitten hinein in die Atacama im Grenzgebiet zu Bolivien, in den Ort, in dem das Verbrechen geschah (und wegen der Geographie des Landes kommen dabei gleich etliche Kilometer zusammen). Ein kleiner Ort, eine Oase inmitten einer unwirtlichen Landschaft mit ein paar hundert Einwohnern und natürlich kannten dort alle den Deutschen.

Mit Cayetano Brulè begleitet man einen Detektiv, der ganz im Stil und der Tradition der literarischen Altmeister seines Berufstandes steht. Nicht übermässig cool, aber doch ein wenig, nicht übermässig arbeitswillig, aber wenn er einmal die Fährt aufgenommen hat, dann bremst ihn  nichts mehr. Nur treibt er sich eben nicht in schummrigen New Yorker Bars herum sondern in staubigen Wüsten. Und ja, mit den Cops steht er auch nicht so sehr auf Kriegsfuss wie seine US- und EURO-Kollegen, denn es gibt bei kaum Berührungspunkte zwischen Privat und Staat – zumindest was die Ermittlungen betrifft, kommt ihm hier kein Ordnungshüter in die Quere.

Dabei steckt genug Brisanz in der Geschichte: die ganze Problematik, wenn Entwicklungshilfe aus Europa in einem anderen Land einfach die mitgebrachten Konzepte 1:1 umsetzten möchte, ohne auf das Land und die Menschen einzugehen. Die unabsehbaren Folgen, die gedankenlose Eingriffe in ein seit ewigen Zeiten funktionierendes ökologisches System haben. Das Begehren, dass um sich greift, wenn anscheinend viel Geld aus einem reichen, fernen Land im Spiel ist. Was geschehen kann, wenn man sich unversehens im Fadenkreuz von Menschen und Organisationen befindet, die keine Skrupel kennen.

Alles das und noch viel mehr fliest in die Story ein, die dabei klar und überschaubar bleibt und kontinuierlich an Spannung gewinnt. Es macht einfach Spaß, sich mit Brulè auf die Suche nach den Hintergründen zu machen und, quasi nebenbei, bekommt man einen interessanten und aufschlussreichen Grundkurs in chilenischer Realität verpasst.

Mein Fazit: mit Roberto Ampuero habe ich einen weiteren spanischsprachigen Schriftsteller kennen gelernt, der auch zukünftig auf meinem Leseplan stehen wird. Ganz sicher!




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  • Kommentar von  Cristian Szott am 23.03.2012 um 04:38 Uhr

    Roberto:
    Mucha suerte con este libro.
    Un abrazo
    Cristian Szott


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