Buchbesprechung/Rezension:

Upton Sinclair: Am Fließband

Am Fließband
verfasst am 26.09.2025 | einen Kommentar hinterlassen

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1937 veröffentlichte Upton Sinclar seinen Roman „The Flivver King“ der damals eine Art von kritischer Biografie des Autokönigs Henry Ford war und heute zusätzlich dazu einen detailreichen Einblick in den Turbokapitalismus und die Hybris mächtiger Männer gibt.

Womit die Neuveröffentlichung im März-Verlage eine direkte Verbindung zu dem aufzeigt, was sich in den 2020er-Jahren vor allem in den Vereinigten Staaten ereignet.

Zunächst liest man über die Anfänge Fords, wie er es schaffte, aus einem in der Garage selbst zusammengebauten einfachen Automobil innerhalb erstaunlich kurzer Zeit zum größten Autobauer in Detroit aufzusteigen und zum zeitweise reichsten Mann der Welt wurde.

Man liest darüber, wie aus Fords ursprünglich beinahe revolutionären Entscheidungen zur Verbesserung der Lage der Arbeiter in seinem Unternehmen (Stichworte: Mindestlohn, Verkürzung der Arbeitszeit) bald wieder Ausbeutung wurde. Als die Politik nicht seinem Willen folgte, versuchte Ford sich selbst in ein Amt wählen zu lassen, was ihm trotz seiner für die damalige Zeit gewaltigen finanziellen Mittel nicht gelang. 

Upton Sinclairs Roman liegen die Informationen und Fakten zugrunde, die er damals recherchieren konnte. Er stellt daraus ein Gesamtbild zusammen, das einen Mann und mit ihm eine Zeit beschreibt, in der von Ford angehäufte Reichtum diesen dazu verleitete zu glauben, alles und jeden kontrollieren und steuern zu können. 

Über den Charakter Henry Fords

Ein sehr wichtiger Aspekt in einer Biografie Henry Fords sind immer sein Charakter und seine politische Agenda.

Obwohl sich Ford zunächst als Pazifist positionierte, der in beinahe einfältiger Selbstüberschätzung sogar glaubte, den Ersten Weltkrieg beenden zu können, fand er dann doch Gefallen daran, Millionen am Krieg zu verdienen. Dies alles entsprang, so lässt es sich interpretieren, Fords Vorstellung von einer isolationistischen Politik, „America First“, um es mit einem Begriff aus der MAGA-Bewegung der Gegenwart zu titulieren.

Weshalb Ford aber aus der Gruppe der Kapitalisten vor allem hervorstach, das war sein fanatischer Antisemitismus. Ford ist untr anderem führend dafür verantwortlich, dass das in Russland entstandene Machwerk „Die Protokolle der Weisen von Zion“ Verbreitung fand. Sein Antisemitismus und seine Unterstützung faschistischer Ideologien mündeten in engen Kontakten zum Naziregime, er wurde für Hitler uns dessen Gefolgschaft so etwas wie der Vorzeige-Amerikaner.

Am Fließband ist insgesamt die romanhafte Biografie eines Mannes, der sich nicht klar und eindeutig in ein Schema fassen lässt. Einerseits Innovator und Motor der Technisierung und Industrialisierung, angetreten auch aus Reformator von Arbeitsbedingungen und sozialer Verantwortung. Andererseits rücksichtsloser Kapitalist, ohne Gewissen gegenüber dem Schicksal von den Menschen, die mitgeholfen hatten, ihn zum Milliardär zu machen und ebenso rücksichtsloser Wegbereiter des Antisemitismus.

Die Wirkung von Fords Handeln beschreibt Upton Sinclar als Lebensgeschichte von Abner Shutt und dessen Familie. Der junge Abner trifft auf den damals noch unbekannten Tüftler Henry Ford, findet Arbeit in dessen erster Produktion, wird zum unbedingten und kritiklosen Bewunderer. Selbst Kürzungen seines ohne bescheidenen Einkommens und mehrfache Kündigung können ihn in seinem Glauben an Ford kaum erschüttern. Abner Shutt ist so etwas wie das Muster für alle früheren und gegenwärtigen US-Amerikaner, die unerschütterlich an gleiche Chancen für alle glauben, obwohl dies doch nur ein Märchen ist, das Leute wie eben Henry Ford verbreiten, um die von ihnen Abhängigen ruhig zu stellen.

Damals und Heute

So präzise und knapp die Sprache im Buch ist, so nachhaltig und aktuell ist der Inhalt. Wenn es vor rund einem Jahrhundert die damaligen Größen wie Ford waren, die beinahe ungehindert Geld und Macht anhäufen konnten, so sind es heute Leute wie Musk, Thiel und andere Oligarchen aus dem Dunstkreis des Trump-Klans, die sich an der Allgemeinheit bereichern.

Der Unterschied liegt jedoch darin, dass damals mit Franklin D. Roosevelt ein Mann Präsident war, für den das Land und die Menschen an erster Stelle standen. Heute sitzt hingegen einer im Weißen Haus, dem es nur um sich selbst geht, Bereicherung inklusive.

Auch wenn die Umstände heute andere sind, so hat – leider – Upton Sinclars Roman leider überhaupt nichts von seiner Aktualität und damit seiner Eindringlichkeit verloren.

 




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