Oleg Chlewnjuk: Stalin
Eine Biographie

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Buchbesprechung verfasst von: Andreas
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Egal ob Zarenreich, Russland, Russische Föderation oder Sowjetunion: das flächenmäßig größte Land der Erde ist seit seinem Bestehen beinahe durchgehend Diktatoren und absolute Herrschern untertan. Lediglich zu Beginn der 1990er-Jahre gab es eine kurze Zeit, in der es danach aussah, als ob sich die Demokratie etablieren würde.
Doch in dem Moment, als Boris Jelzin den KBG-Agenten Wladimir Putin zu seinem Nachfolger bestimmte, war es mit dieser Vision gleich wieder vorbei. Wie sich in Lauf der Zeit herausstellte, wandelte sich Putin immer weiter zu einem Despoten in der Tradition Stalins: Gegner werden nach Sibirien deportiert oder gleich direkt ermordet (im In- aber auch im Ausland), freie Meinungsäußerung wird drakonisch bestraft und zur Absicherung der Macht im Inneren wird zusätzlich das altbewährte Mittel der Aggression nach außen eingesetzt.
Liest man nun diese Biografie von Stalin, dann erkennt man auch eines: dass es für skrupellose Leute wie Putin noch viele weitere Möglichkeiten und Unterdrückungswerkzeuge gibt, um den eigenen Machtanspruch durchzusetzen.
Unter den Massenmördern des 1. Jahrhunderts war Stalin einer der herausragenden, Millionen Menschen ließ er direkt oder indirekt ermorden.
Der Historiker Oleg Chlewnjuk hat aus den nach dem Ende der Sowjetunion zugängigen Dokumenten eine detailreiche Biografie Stalins erstellt, die drei Themenbereichen umfangreich analysiert:
- Das private Leben Stalins und seine Herkunft. Sein Verhältnis zu Frauen und zu seinen eigenen Kindern.
- Die Struktur der Sowjetunion und wie Stalin diese nach dem Tod Lenins ganz auf seine eigene Person hin ausrichtete. Einen wesentlichen Teil davon nimmt die Zeit des Zweiten Weltkrieges ein.
- Der völlig skrupellose Umgang Stalins mit den Menschen, seinen Untergebeneren und der Bevölkerung des Landes. Schauprozesse, erfundene „Beweise“ für Verrat, die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, die zum Tod von Millionen führte, die Umsiedlung angeblich staatsfeindlicher Bevölkerungsgruppen. Die Liste der Opfer Stalins lässt sich schier endlos erweitern.
Dass Stalins Machtanspruch am Ende dafür sorgte, dass er einen Schlaganfall nicht überlebte, weil es niemand wagte, eine falsche Entscheidung über eine Behandlung zu treffen, ist dabei sowohl Karma als auch symptomatisch für die Regierungszeit.
„Stalin“ beschreibt sehr umfangreich, dabei aber übersichtlich, das Geschehen. Vergleicht man Stalins Biografie mit der von Hitler, dann zeigen sich darin einige Ähnlichkeiten, aber auch viele Unterschiede. Vor allem dabei, wie die der Machtapparate aufgebaut war und welche Rolle der Diktator selbst und persönlich dabei an der Spitze übernahm, unterscheiden sich die beiden Jahrhundertverbrecher.
Um wieder zu dem zurückzukommen, was ich einleitend geschrieben habe. Wie jede Biografie eines Diktators liefert auch diese eine ganze Reihe an Details, die sich im Handeln gegenwärtiger Diktatoren wiederfinden.
Insofern ist Putin ein „würdiger“ Erbe der blutgetränkten Geschichte Russlands, der sich einiger Terror-Methoden Stalins bedient. Nicht umsonst wird Stalin im offiziellen Russland des 21. Jahrhunderts keineswegs als der Verbrecher betrachtet, der er war; sonst würde man auch Putin entlarven …