Buchbesprechung/Rezension:

Ralf Bönt: Das kurze Leben des Ray Müller

verfasst am 06.05.2015 | einen Kommentar hinterlassen

AutorIn & Genre: Bönt, Ralf, Romane
Buchbesprechung verfasst von:
LiteraturBlog Bewertung:

Das ist ein eigenartiges Buch, ein *** Sterne, oder ***** Sterne – Buch? Ist es gute Literatur oder nur ein mäßig gutes Buch über das Leben des Hauptakteurs, eines Krimi-Autors, der sein Leben nicht in den Griff bekommt. Ich kann mich nicht so richtig entscheiden, neige aber für den Moment eher zu den *** Sternen.

Dieses Buch könnte eine Abrechnung mit den Schwächen eines Mannes sein, Marko Kindler. Anfangs empfinde ich den Ich-Erzähler noch halbwegs sympathisch. Doch im Laufe des Geschehens entwickelte sich in mir eine Art Abscheu gegen diesen Mann. Ist Marko ein Hypochonder, ein eingebildeter Kranker, oder leidet er tatsächlich unter einer schweren Krankheit. In Nelly, einer New Yorker Künstlerin findet er eine Frau, eine Freundin, die ihm nicht nur in ihrer Krankheit ähnelt, sondern auch in einigen Wesenszügen.

Durch den teils langatmigen Stils des Autors, und die ausführlichen Schilderungen der Sexphantasien des Protagonisten, fiel es mir gar nicht leicht das Buch zu Ende zu lesen. Dazu kommen noch die Hinweise auf die vielen Medikamente, die Marko großteils in Überdosierung zu sich nimmt, meinend, dass er nur so weiterleben kann. Das ähnelt schon fast einem medizinischen Fachbuch. Trotzdem ist dem Roman eine gewisse Spannung nicht abzusprechen, auch wenn für mich in bestimmten Passagen zu sehr ins Detail gegangen wird, wie z.B. am Anfang des Buches, als Lycile Ray zur Welt bringt.

Marko wird von seinem Verleger aufgefordert, wieder ein Buch zu schreiben. Ob Marko das gelingt ist fraglich. Durch die Scheidung von seiner Frau, mit der er zwei Kinder hat, gerät sein Leben noch mehr aus den Fugen. Als er dann vom Tod seiner Freundin Nelly hört, und zu ihrem Begräbnis fährt, verschlimmert sich sein Zustand erheblich. Dabei wollte er vom Leben Gesundheit, ein harmonisches Familienleben, ein guter Partner sein, ausreichend finanziellen Rückhalt haben um seiner Familie ein vernünftiges Leben bieten zu können. All das hat er nicht geschafft.

Seine häufigen Besuche bei verschiedenen Ärzten, teilweise auf Empfehlungen, ziehen ihn immer weiter in den Strudel der Hoffnungslosigkeit. Jede dieser Medizin-Kapazitäten sieht ihn entweder als Versuchsobjekt oder eben als eingebildeten Kranken. All die Medikamente, die er in sich hineinstopft, zeigen ausufernde Nebenerscheinungen, seine Merkfähigkeit leidet. Wie soll er da einen neuen Roman schreiben.

Nach seiner Rückkehr aus New York verkompliziert sich noch dazu das Zusammenleben zwischen ihm und Lycile. Sie vertraut ihm nicht mehr, hält ihn für einen Schwächling.

Aus einem kurzen Spaziergang mit seinem Sohn Ray um die Häuser wird plötzlich eine Entführung. Marko zieht mit dem Baby durchs Land, versorgt ihn nach besten Kräften. Was hat ihn zu dieser Kurzschlusshandlung geführt? Das ist mir bis zum Ausgang der Geschichte nicht ganz klar geworden.

„Das kurze Leben des Ray Müller“ ist ein Buch über einen Mann, der im Grunde einsam, ohne einen Freund – einen Mann – als Gesprächspartner ist. Ich meine, dass das die Realität gar nicht so weniger Männer ist. Auf jeden Fall hat Ralf Bönt einen Roman geschrieben, der von Männern gelesen werden sollte und vielleicht Hilfestellung gibt, sich seinem Umfeld, seinen Mitmenschen gegenüber mehr zu öffnen.

Wenn das gelänge wäre es dann doch ein ***** Sterne Buch?




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